Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Wirtschaft weist Schäubles Pläne gegen Briefkastenfirmen zurück

Erscheinungsdatum Website: 27.03.2017 16:20:19
Erscheinungsdatum Publikation: 28.03.2017

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BERLIN (Dow Jones)--Die Pläne von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Bekämpfung von Steuerumgehungen sind bei einer Anhörung im Bundestag auf deutliche Kritik der Wirtschaft gestoßen. Die acht Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft unterstützten zwar "nachdrücklich alle Maßnahmen, die Steuerhinterziehung und Geldwäsche effektiv bekämpfen", erklärten sie in ihrer Stellungnahme für die Anhörung des Finanzausschusses. "Wir plädieren allerdings dafür, zunächst das bereits heute zur Verfügung stehende Instrumentarium konsequent umzusetzen, bevor neue Maßnahmen ergriffen werden", hoben die Verbände, unter ihnen der Bankenverband, hervor. So stehe beispielsweise schon heute das Bankgeheimnis Ermittlungen in diesen Bereichen nicht im Weg.

Um Steuergestaltungen über Briefkastenfirmen künftig schwerer zu machen, will Schäuble die Bestimmungen in Deutschland verschärfen. Das "Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz" sieht deswegen strengere Anzeigepflichten und höhere Bußgelder für die Steuerpflichtigen und für die Banken vor, die bei solchen Geschäften behilflich sind. Das steuerliche Bankgeheimnis soll dafür fallen. Schwerpunkt der Maßnahmen ist eine Meldepflicht für Beteiligungen an Offshore-Briefkastenfirmen.

Kernpunkt des Gesetzentwurfs, den das Kabinett Anfang November 2016 beschlossen hat, ist die Schaffung von Transparenz über "beherrschende" Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Firmen oder Vermögensmassen in so genannten "Drittstaaten" - also Ländern, die nicht der EU oder der Europäischen Freihandelsassoziation Efta angehören. Dabei soll es nicht nur auf die formale rechtliche Beteiligung an solchen Unternehmen ankommen, sondern auch auf die Ausübung eines beherrschenden Einflusses zum Beispiel über Treuhandverhältnisse.

Warnung vor Rechtsunsicherheit und Bürokratie

Die Verbände kritisierten den Plan deutlich erweiterter Meldepflichten aber als "überschießend" und warnten, dies führe "zu erheblichen bürokratischen Belastungen sowohl für die Real- als auch für die Finanzwirtschaft". Sie forderten eine Beibehaltung des steuerlichen Bankgeheimnisses. Heinz-Jürgen Tischbein vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) verlangte bei der Anhörung für die Kreditwirtschaft, die erforderliche Meldung auf Staaten zu begrenzen, die nicht am internationalen Informationsaustausch teilnehmen.

Nach den neuen Regelungen sollten mitteilungspflichtige Stellen nicht weniger als "17 unbestimmte Rechtsbegriffe" berücksichtigen müssen, beklagte Tischbein zudem. "Diese Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe ohne eine Konkretisierung durch den Gesetzgeber ist für die Praxis nicht handhabbar." Deshalb sei es "unangemessen", dass die Meldepflichtigen in Haftung genommen werden sollten.

Auch die Bundessteuerberaterkammer warnte, "dass neue bürokratische Lasten erfolgen". Die Meldepflichten seien "sehr weit gehend ausgestaltet", und zudem seien Irrtümer nicht ausgeschlossen. Es sollten deshalb Schwellenwerte festgelegt werden, unter denen keine Meldepflichten anfielen.

Hingegen lobte Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft die geplanten Regelungen. "Das ist ein Gesetz, das ist nicht aus Lust und Laune heraus entstanden", betonte der Gewerkschaftsvorsitzende. "Wir hatten letztes Jahr die Panama Papers." Die dabei zutage getretenen Erkenntnisse seien aber "nur die Spitze eines Eisbergs". Da sei es völlig klar, dass ein solches Bekämpfungsgesetz auch mit unbestimmten Rechtsbegriffen arbeite - aber "der Gesetzgeber kann die Dinge nicht schon ganz klar antizipieren".

Bußgelder sollen deutlich steigen

Nach Schäubles Gesetzesplänen sollen die Geschäftsbeziehungen angezeigt werden müssen, "und zwar unabhängig davon, ob sie an dem Unternehmen formal beteiligt sind oder nicht". Bei Verletzung dieser Mitteilungspflicht sollen bis zu 25.000 Euro an Bußgeld anfallen anstatt bisher maximal 5.000 Euro. Die Banken sollen künftig den Finanzbehörden von ihnen hergestellte oder vermittelte Geschäftsbeziehungen zu solchen Offshore-Gesellschaften "unter bestimmten Voraussetzungen" mitteilen müssen. Bei Verstößen gegen diese Mitwirkungspflicht soll es ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geben, und die Banken sollen zusätzlich für dadurch verursachte Steuerausfälle haften.

Das so genannte "steuerliche Bankgeheimnis" nach Paragraph 30a der Abgabenordnung soll ganz aufgehoben werden. Zudem soll das automatisierte Kontenabrufverfahren der Finanzbehörden auf Geschäftsbeziehungen zu Briefkastenfirmen erweitert werden, und die Banken sollen auch die Steuer-Identifikationsnummer des Kontoinhabers, jedes Verfügungsberechtigten und aller abweichend wirtschaftlich Berechtigten erfassen und aufzeichnen. Mehrere Sachverständige kritisierten auch diesen Plan.

Schäuble hatte im vergangenen Frühjahr mit einem Zehn-Punkte-Plan auf die Enthüllungen der "Panama Papers" zu Briefkastenfirmen reagiert. Darin enthalten waren Maßnahmen zur internationalen Bekämpfung von Steueroasen und zur nationalen Verschärfung von Bestimmungen. Das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz setzt den großen Teil dieser in Deutschland geplanten Maßnahmen um.

DJG/ank/sha

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