Finanz- und Wirtschaftsspiegel

Der Newsletter "Finanz- und Wirtschaftsspiegel" informiert täglich über die Aktivitäten der internationalen Zentralbanken mit Schwerpunkt auf die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve und die Bank of Japan.

Sehr gute Einkaufsmanagerdaten setzen EZB unter Druck

Erscheinungsdatum Website: 24.03.2017 17:22:08
Erscheinungsdatum Publikation: 27.03.2017

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FRANKFURT (Dow Jones)--Das Wachstum der Privatwirtschaft des Euroraums hat sich im März entgegen den Erwartungen verstärkt. Der von IHS Markit berechnete zusammengefasste Einkaufsmanagerindex (PMI) von verarbeitendem und nicht-verarbeitendem Gewerbe stieg auf 56,7 (Vormonat: 56,0) Punkte. Das war der höchste Stand seit April 2011.

Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten dagegen einen Rückgang auf 55,8 prognostiziert. Die Daten deuten nach Einschätzung von Volkswirten darauf hin, dass ich das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal verstärkt hat.

Eine höhere Aktivität war sowohl in der Industrie als im Dienstleistungssektor zu verzeichnen. Der Index des verarbeitenden Gewerbes erhöhte sich auf 56,2 (55,4) Punkte und der Index des nicht-verarbeitenden Gewerbes auf 56,5 (55,5) Punkte. Erwartet worden war jeweils ein leichter Rückgang.

Frankreichs und Deutschlands PMI auf 70-Monatshoch

Frankreich zusammengefasster Einkaufsmanagerindex stieg auf 57,6 (55,9) Punkte und Deutschlands auf 57,0 - jeweils ein 70-Monatshoch. In Frankreich stiegen erstmals seit 2012 die Verkaufspreise der Unternehmen, während in Deutschland der Stellenaufbau den zweithöchsten Wert der bis 1998 zurückreichenden Datenreihe verzeichnete.

Nach Aussage von IHS-Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson signalisieren die Daten für das erste Quartal 2017 einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,6 Prozent, den stärksten Stellenaufbau seit einem Jahrzehnt und den deutlichsten Anstieg von Einkaufs- und Verkaufspreisen seit sechs Jahren. "Der Einkaufsmanagerindex und die Preisindizes sind mittlerweile auf einem Niveau, das eine restriktivere Geldpolitik rechtfertigen würde", urteile Williamson.

Sollte sich das Wachstum festigen und die Inflationsrate hoch bleiben, dürften sich die Spekulationen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) der wirtschaftlichen Entwicklung hinterher hinkt, weiter verstärken, meinte Williamson. Tatsächlich lösten bereits die unerwartet guten Einkaufsmanagerdaten aus Frankreich und Deutschland eine deutliche Bewegung beim Euro aus, der in der Spitze bis auf über 1,08 US stieg, nachdem er vor Veröffentlichung der Daten bei 1,077 Dollar notiert hatte.

Nach Einschätzung von Nordea-Volkswirtin Tuuli Koivu deutet der PMI tatsächlich auf 0,6 Prozent Wachstum hin. Allerdings mahnt sie zur Vorsicht: "Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass das Niveau der Vertrauensindikatoren seit der Finanzkrise das Niveau des tatsächlichen Wachstums überschätzen", schreibt sie in einem Kommentar. Die Daten stützen ihre Sicht, dass die EZB im Juni die Balance der Wachstumsrisiken als "ausgewogen" und nicht mehr nur als "abwärts gerichtet" bezeichnen wird.

Auch Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil glaubt, dass die guten Daten Spekulationen über Zinserhöhungen auslösen werden. Allerdings glaubt er nicht, dass die EZB tatsächlich vorhat, ihre Zinsen zu erhöhen.

Commerzbank: EZB schaut mehr auf Inflation als auf Wachstum

Zwar gingen in der Vergangenheit PMI-Stände von über 56 mit Quartalswachstumsraten von 0,75 Prozent einher, doch gäben die bisher für das erste Quartal vorliegenden Daten derartige Raten nicht her. "Zudem dürfte der Fokus der EZB mehr auf der Inflation als auf der Konjunktur liegen und hier zeichnet sich für März eher eine negative Überraschung ab". argumentierte Weil.

Die Blicke der Märkte richten sich nun auf den deutschen Ifo-Geschäftsklimaindex, der am Montag (10.00 Uhr) veröffentlicht wird und den Anstieg des deutschen PMI beglaubigen dürfte. Erste harte Konjunkturdaten, die zur Einordnung der Umfrageindikatoren benötigt werden, sind die Daten zum deutschen Industrieumsatz (6. April) und der Industrieproduktion (7. April) im Februar.

DJG/hab/chg

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