Finanz- und Wirtschaftsspiegel

Der Newsletter "Finanz- und Wirtschaftsspiegel" informiert täglich über die Aktivitäten der internationalen Zentralbanken mit Schwerpunkt auf die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve und die Bank of Japan.

EZB gibt schwacher Wirtschaft Schuld an Problemen der Banken

Erscheinungsdatum Website: 23.03.2017 17:45:34
Erscheinungsdatum Publikation: 24.03.2017

zurück zur Übersicht

FRANKFURT (Dow Jones)--Schwache Gewinne und der Umgang mit notleidenden Krediten werden auch 2017 die wichtigsten Themen der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) sein. In ihrem Jahresbericht für 2016 schreibt die EZB: "Die Hauptrisiken sind die Haltbarkeit der Geschäftsmodelle und die Profitabilität." Schuld daran ist laut EZB die "düstere Wirtschaftsentwicklung", die Zinsen und Konjunktur beeinflusst.

Allerdings wächst die Wirtschaft des Euroraums seit einiger Zeit recht dynamisch, und der volkswirtschaftliche Stab der EZB erwartet, dass das auf absehbare Zeit auch so bleiben wird. Im Jahr 2016 stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Euroraums um 1,7 Prozent, und für 2017 bis 2019 werden Wachstumsraten von 1,9, 1,8 und 1,7 Prozent prognostiziert. Die Potenzialrate wird aber nur auf rund 1 Prozent geschätzt.

Im geldpolitischen Statement nach der EZB-Ratssitzung Anfang des Monats hieß es: "Die hereinkommenden Daten, vor allem aus Umfragen, erhöhen unsere Zuversicht, dass die Konjunkturerholung an Stärke und Breite gewinnen wird." Angesichts des stärkeren Konjunkturoptimismus und anziehender Inflationsraten gerät die EZB mit ihrer sehr lockeren Geldpolitik zumindest in Deutschland immer stärker in die Kritik.

EZB: Niedrige Zinsen stützen Konjunktur und senken Risiko von Zahlungsausfällen

Laut Bankenaufsicht, die getrennt von der Geldpolitik operieren soll, stützt das anhaltend niedrige Zinsniveau die Konjunktur und senkt das Risiko von Zahlungsausfällen. Allerdings gerate hierdurch auch das Geschäftsmodell der Banken unter Druck, da die Zinserträge geschmälert würden und dies bei einer insgesamt ohnehin schwachen Rentabilität.

Risiken in Bezug auf die Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle und die niedrige Rentabilität blieben auch 2016 eines der Hauptprobleme des europäischen Bankensektors. Anlass zur Sorge seien auch die hohen Bestände an notleidenden Krediten bei einer Reihe von Banken, die nicht nur deren Ertragskraft beeinträchtigen, sondern auch die Anfälligkeit gegenüber Änderungen der Marktstimmung erhöhten.

Die Eigenkapitalverzinsung der von der EZB direkt beaufsichtigten Großbanken lag im dritten Quartal 2016 um 5,8 (Vorjahr: 6,0) Prozent über dem Niveau des Vorjahresquartals. Die Nettozinseinnahmen sanken um 3,0 Prozent, obwohl das Kreditvolumen um 0,5 Prozent zunahm. Laut EZB konzentrierte sich dieser Rückgang auf das erste Quartal 2016.

"Bei den großen Banken des Euroraums machen die Zinseinnahmen die Hälfte der Einnahmen aus, Zinsen sind also tatsächlich ein Thema und niedrige Zinsen ein Problem", schreibt die Chefin der EZB-Bankenaufsicht, Christie Nouy, in einem zusammen mit dem Bericht veröffentlichten Interview.

Die EZB werde 2017 weiterhin die Zinsrisiken der Banken, ihre Geschäftsmodelle und Gewinntreiber unter die Lupe nehmen. Ein Zurückdrehen der Regulierungsreformen hielte sie für einen Fehler, sagte Nouy in dem Interview. Es wäre gut, die internationale Reformagenda zu vollenden.

Draghi: Banken behindern Konjunkturerholung

EZB-Präsident Mario Draghi forderte die Banken in seinem Vorwort zum Bericht auf, schnell Überkapazitäten, Problemkredite und Ineffizienzen abzubauen. "Die Fähigkeit des Bankensektors, die Erholung des Euroraums zu unterstützen, ist eingeschränkt", merkte er an. Laut Jahresbericht senkten die Banken ihre operativen Ausgaben um 1,0 Prozent und die für Personal um 1,4 Prozent.

DJG/hab/apo

zurück zur Übersicht