Märkte der Welt

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Widerstand gegen Deutsche Börse/LSE-Fusion regt sich auch in London

Erscheinungsdatum Website: 22.02.2017 14:40:29
Erscheinungsdatum Publikation: 23.02.2017

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FRANKFURT (Dow Jones)--Nicht nur in Wiesbaden, sondern auch in London steigt offenbar der politische Widerstand gegen den geplanten Zusammenschluss zwischen Deutsche Börse und London Stock Exchange (LSE). Dies wurde am Dienstag deutlich, als die Fusion Gegenstand einer Debatte britischer Parlamentarier war. Dabei ging es um den zukünftigen Sitz der geplanten Holding. Laut den Fusionsunterlagen soll London alleiniger Rechtssitz des neuen Unternehmens werden. Seit dem Brexit-Votum machen aber immer mehr hessische Politiker dagegen Stimmung und fordern einen juristischen Sitz in Frankfurt. Damit der Zusammenschluss zustandekommen kann, bedarf es der Zustimmung aus Wiesbaden.

William Cash, ein EU-kritischer konservativer Abgeordneter, äußerte sich kritisch zu den Forderungen nach einem Sitz in Frankfurt. "Das ist keine normale Transaktion, es geht um eine Übernahme unserer Kronjuwelen", sagte Cash gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, warum es "in unserem nationalen Interesse" sein sollte, sie (die LSE) nach Frankfurt zu transferieren.

Damit scheinen sich die Fronten zusehends zu verhärten. Nach dem hessischen Finanzminister, Thomas Schäfer, hat sich nun auch der CDU-Fraktionschef im hessischen Landtag, Michael Boddenberg, gegen einen Rechtssitz in London ausgesprochen. "Ich persönlich halte einen Sitz der Holdinggesellschaft in London für ausgeschlossen und teile in diesem Zusammenhang die Meinung der Bafin", sagte Boddenberg zu Reuters.

Auf der Bilanzpressekonferenz in der vergangenen Woche wollte Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter Fragen zum Sitz der geplanten Holding nicht beantworten. Kengeter erklärte zwar, dass es zwei Hauptsitze geben werde. Fragen, ob London der einzige Rechtssitz der neuen Börsengesellschaft sein werde, wollte Kengeter mit Verweis auf das laufende Genehmigungsverfahren aber nicht beantworten.

An diesem Mittwochabend lädt die Deutsche Börse hessische Abgeordnete zum "Parlamentarischen Abend" in Wiesbaden ein. An der Veranstaltung, die mindestens einmal im Jahr stattfindet, werden laut einer mit dem Vorgang vertrauten Person etwa 100 Parlamentarier teilnehmen, allerdings voraussichtlich keine Entscheidungsträger. Die Sitzfrage werde sicherlich diskutiert werden, heißt es. Mit neuen Erkenntnissen, die über den Sachstand der Bilanzpressekonferenz hinausgehen, sei aber nicht zu rechnen.

Eine mögliche Lösung der Sitzfrage wäre ein Doppelsitz. Bislang sperren sich Deutsche Börse/LSE aber dagegen, den Deal wieder aufzurollen. Einer der Hauptgründe dafür dürfte die Sorge sein, dass sich das politische Klima seit dem Brexit derart verändert hat, dass die Fusion kein Placet mehr finden würde.

Vor Wiesbaden muss aber zunächst die EU-Kommission den Merger durchwinken. Brüssel hat die Prüfungsfrist unlängst bis zum 3. April verlängert. Für die Wettbewerbshüter stehen kartellrechtliche Bedenken, vor allem im Derivate-Clearing, im Mittelpunkt der Erwägungen. Um die Kommission zu beschwichtigen, haben Deutsche Börse/LSE bereits den Verkauf der französischen LSE-Tochter, LCH.Clearnet SA, an die Euronext bekannt gegeben.

Wie die Financial Times nun mit Berufung auf Kreise schreibt, sollen die Börsenbetreiber zu weiteren Zugeständnissen in den Bereichen Repo- und Fixed-Income-Clearing bereit sein. Die Deutsche Börse wollte sich auf Anfrage von Dow Jones hierzu nicht äußern. Sollte der Bericht zutreffen, könnte er als positives Zeichen gewertet werden, dass Brüssel die Zugeständnissen im kritischen Derivate-Bereich als ausreichend wertet.

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