Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Autobauer geben politischem Druck nach

Erscheinungsdatum Website: 09.01.2017 16:12:42
Erscheinungsdatum Publikation: 10.01.2017

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DETROIT (Dow Jones)--Fiat Chrysler Automobiles hat am Sonntag die Investition von 1 Milliarde Euro in zwei bestehende Fabriken angekündigt. Dadurch sollen 2.000 neue Jobs entstehen. Anlass für die Entscheidung ist nicht zuletzt der wachsende politische Druck auf Autobauer, ihre Produktionsstandorte zu überdenken.

Kurz vor der jährlichen Automesse in Detroit nimmt der angehende US-Präsident Donald Trump die Hersteller ins Gebet: Sie sollen mehr Autos in den USA produzieren. Einige der mächtigsten Auto-Manager, darunter Ford-Chairman Bill Ford und Toyota-Chef Akio Toyoda, haben in den Wochen vor der Automesse signalisiert, dass sie die Vision von mehr Autos "Made in the U.S.A." unterstützen.

"Wir bestätigen die USA weiterhin als globales Produktionszentrum", sagte Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne. Die Jeep-Händler von Chrysler bieten seit Neustem ein kleines, in Italien gebautes SUV an und verlagert bestimmte andere Produkte nach Mexiko. Nun kündigte Fiat Chrysler an, in den bestehenden Fabriken in Ohio und Michigan mehr Pick-ups und SUVs herzustellen. Der Konzern stellt auf der Automesse keine neuen Produkte vor.

Die Suche nach dem amerikanischen Auto

Amerikanische Autokäufer unterschieden jahrzehntelang vor allem zwischen amerikanischen und ausländischen Autos. Im vergangenen Jahrzehnt wurde diese Unterscheidung jedoch obsolet, als Toyota eine Produktion in den USA aufbaute und amerikanische Hersteller Milliarden in Fabriken in Übersee investierten.

Etwa die Hälfte der Teile eines typischen "amerikanischen" Autos stammen aus dem Ausland - ein Zeichen dafür, dass Käufer heute mehr Wert auf Sicherheit, Qualität und Design legen als auf die Herkunft der Komponenten.

Bis zur vergangenen Woche konzentrierte sich Trumps Kritik an der Autobranche auf eine 1,6 Milliarden Dollar teure Fabrik, die Ford in Mexiko bauen wollte. Ford rief Trump am Dienstag an, um ihm mitzuteilen, dass die Investitionspläne abgesagt seien. Die Produktion von Kleinwagen werde künftig in einer bestehenden Fabrik in Mexiko stattfinden. Außerdem werde man 700 Millionen Dollar investieren, um 700 Jobs in Michigan zu schaffen.

Stunden später erhielt Trump einen weiteren Anruf von General-Motors-Chefin Mary Barra. Trump hatte GM in einem Tweet kritisiert: Die Chevrolet-Importe des Unternehmens aus Mexiko sollten an der Grenze höher besteuert werden. Die Unterhaltung zwischen Trump und Barra sei "sehr positiv und herzlich" gewesen, sagen zwei mit dem Gespräch vertraute Personen.

Toyota hatte indes 1 Milliarde Dollar darauf gesetzt, im kommenden Jahrzehnt Kleinwagen in die USA zu importieren. Auch der japanische Autobauer geriet per Tweet in die Kritik, nachdem Toyoda gerade zu Reportern in Tokio gesagt hatte, dass das Unternehmen mit der neuen US-Regierung im Einklang sei. Der japanische Manager will am Montag bei der Automesse neue Produkte vorstellen.

Automesse im politischen Rampenlicht

Die mexikanische Autoproduktion lebte unter US-Präsident Barack Obama auf. Das Center for Automotive Research schätzt, dass die mexikanischen Produktionskapazitäten von Pkw sich zwischen 2010 und 2020 verdoppeln werden.

2011 hatte die US-Regierung zwei Autobauer aus Detroit aus ihrer Krise gerettet. In den folgenden sechs Jahren wurden in Nordamerika elf neue Autofabriken gebaut oder geplant. Neun davon (einschließlich der abgesagten Ford-Fabrik) sollen in Mexiko entstehen.

Barra ist als Beraterin für Trump aktiv und gut positioniert, um die Suche nach den günstigsten Produktionsoptionen zu verteidigen. Unternehmen wie GM investieren massiv, um strenge Anforderungen an die Kraftstoffeffizienz zu erfüllen und die Konkurrenz aus dem Silicon Valley abzuwehren. Tech-Riesen wollen fahrerlose Autos entwickeln, die sicherer sind als solche mit menschlichen Fahrern.

Kein US-Autobauer arbeitet so intensiv an der Suche nach der kostengünstigsten Produktion wie GM. Der Autoriese aus Detroit importierte 2016 geschätzte 33.000 SUVs der Marke Buick aus China - und ist damit der erste US-Autobauer, der Autos für den US-Markt aus China importiert.

Während Ford in Mexiko margenschwache Pkw wie den Fiesta oder den Fusion herstellt, sind die GM-Fabriken in Ramos Arizpe, San Luis Potosi und Silao Gewinnmaschinen. Über 40 Prozent der Pick-ups von GM stammen aus Mexiko, ebenso wie 100.000 Chevrolet Trax, berichtet WardsAuto.com

GM investiert gerade 5 Milliarden Dollar in Mexiko und will die Produktion kompakter SUVs in dem Land steigern. Außerdem importiert GM Autos aus Südkorea.

DJG/DJN/awi/sha

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