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Länder zeigen sich vor Finanzgesprächen mit Merkel verärgert

Erscheinungsdatum Website: 08.12.2016 16:50:02
Erscheinungsdatum Publikation: 09.12.2016

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BERLIN (Dow Jones)--Die 16 Bundesländer haben vor einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über die genaue Ausgestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen scharfe Kritik an den Plänen der Regierung geübt. Die von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgesehenen Grundgesetzänderungen gingen weit über das hinaus, was Mitte Oktober in einer Nachtsitzung zwischen Bund und Ländern verabredet worden sei, betonten die Regierungschefs von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, Erwin Sellering (SPD) und Reiner Haseloff (CDU).

"Wir haben in der Nacht vereinbart, dass, wenn der Bund Gelder gibt, er mehr Steuerungsmöglichkeiten haben soll", sagte Sellering, der Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, nach Beratungen der Länderchefs in Berlin. "Was uns jetzt vorgelegt wird, ist ein sehr weitgehendes Kontrollsystem, das die Länder vollends ihrer Verantwortung beraubt." Haseloff warnte vor einer "Unwucht im System" und einer "neuen Staatskonstruktion" und forderte deutliche Änderungen der Pläne. "Da muss noch ein dickes Brett gebohrt werden", sagte er.

Bund und Länder hatten sich Mitte Oktober in einer Marathonsitzung auf ein Modell geeinigt, aus dem sich ein Finanzbeitrag des Bundes an die Länder von 9,5 Milliarden Euro ergibt. Unter anderem sollen 3,5 Milliarden Euro bis 2020 in die Schulinfrastruktur finanzschwacher Kommunen fließen. Schäuble hatte bei den Verhandlungen aber im Gegenzug durchgesetzt, dass die Länder dem Bund mehr Kompetenzen einräumen und zum Beispiel der Einrichtung der Verkehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes zustimmen. Dafür sind Änderungen des Grundgesetzes geplant.

Über die genauen Details sind der Bund und die Länder aber noch zerstritten. Die Länder sehen einige der von Schäuble geplanten Gesetzesänderungen nicht als durch die Beschlüsse gedeckt an. So sind sie gegen neue Kontrollrechte des Bundes für Investitionsmittel und eine strengere Überwachung ihrer Schuldenbremsen durch den Stabilitätsrat von Bund und Ländern oder erweiterte Kompetenzen des Bundes bei der Digitalisierung der Verwaltungen. "Von einer Grundgesetzänderung war da nie die Rede", monierte Sellering. Es gebe "große Verärgerung" über den Bund.

Der Wirtschaftsrat der CDU mahnte die Länder aber dazu, die Kompromissbereitschaft des Bundes beim Finanzausgleich nicht überzustrapazieren und die Einigung nicht wieder aufzuschnüren. "Der Bund ist den Ländern finanziell bereits bis an seine Belastungsgrenze entgegengekommen", sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger. Im Gegenzug sollten sich die Länder sich auch an die vereinbarten Maßnahmen "für bessere Kontroll-, Steuerungs- und Prüfungsrechte des Bundes halten".

Sellering warf seinerseits der Bundesregierung vor, ein Scheitern der schon erreichten Einigung zu riskieren. "Mancher von uns hat in der Tat den Eindruck, dass da Hürden errichtet werden, von denen man sich möglicherweise wünscht, dass damit der ganze Kompromiss in Frage gestellt wird", sagte der Schweriner Regierungschef. Die Länder stünden aber zu dem Kompromiss, betonte Sellering vor den Gesprächen bei Merkel, die am Nachmittag beginnen und bis in den Abend andauern sollen. Das Bundeskabinett will dann eigentlich am Freitag die entsprechenden Gesetzentwürfe beschließen.

DJG/ank/sha

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