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Wie es jetzt mit Ceta weitergeht

Erscheinungsdatum Website: 14.10.2016 13:45:02
Erscheinungsdatum Publikation: 17.10.2016

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BERLIN (Dow Jones)--Das Bundesverfassungsgericht hat unter Auflagen grünes Licht für das Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada gegeben. Eine vorläufige Blockade durch die höchsten deutschen Richter hätte womöglich das Abkommen insgesamt in Frage gestellt, begründete Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle die Eilentscheidung am Donnerstag.

Die Bundesregierung kann dem Abkommen nun zustimmen, wenn sichergestellt ist, dass Deutschland aus dem Vertrag wieder aussteigen kann, falls es beispielsweise dazu durch ein späteres Karlsruher Urteil gezwungen wird. Denn die Hauptsacheverhandlung über das Vertragswerk steht noch aus. Die wichtigsten Aspekte des Richterspruchs vom heutigen Donnerstag und wie es mit Ceta weitergeht im Überblick.

1. Deshalb setzten die Richter kein Stoppschild

Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle wurde bei der Begründung seines Urteils sehr klar: Eine einstweilige Anordnung gegen Ceta würde in "erheblichem Maße in die - grundsätzlich weite - Gestaltungsfreiheit der Bundesregierung im Rahmen der Europa-, Außen- und Außenwirtschaftspolitik eingreifen". Außerdem hätte ein auch nur vorläufiges Scheitern Auswirkungen weit über den aktuellen Fall hinaus, könnte die Chancen für künftige Freihandelsverträge beeinträchtigen und die Stellung der EU gefährden. Die Nachteile eines vorläufigen Inkrafttretens nannte Voßkuhle hingegen weniger schwer.

2. An diesen Punkten muss die Regierung nacharbeiten

Die obersten deutschen Richter knüpften ihre Genehmigung an drei wesentliche Bedingungen. Erstens muss Deutschland aus Ceta wieder aussteigen können, so lange es in Teilen vorläufig gilt und vom Bundestag noch nicht beschlossen wurde. Zweitens dürfen die gemischten Handelsausschüsse nach Ansicht Karlsruhes künftig kein Recht setzen und drittens muss klar zwischen den Kompetenzen der EU und denen der Mitgliedstaaten getrennt werden.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der die Bundesrepublik im Rat der Handelsminister vertritt, sagte zu, die Auflagen zu erfüllen. Kommenden Dienstag trifft er sich mit seinen Amtskollegen aus den anderen EU-Staaten. Unstrittig ist bisher, dass Zollangelegenheiten, die freie Einreise von Geschäftsreisenden, Anerkennung von technischen Standards und etwa der Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen in die Kompetenz der EU fallen. Bei anderen Themen ist die Lage komplizierter und es existieren verschiedene Rechtsauffassungen. De facto müssen sich die Handelsminister mit der Kommission einigen, für welche Bereiche Brüssel allein zuständig ist.

3. Wie geht der Prozess weiter

Am kommenden Dienstag dürften die EU-Handelsminister auf einer Sondersitzung für ihre Staaten ihre Zustimmung zu Ceta geben. De facto ist dafür Einstimmigkeit notwendig, weil später alle EU-Mitglieder den Vertrag ratifizieren müssen. Nachdem die Verfassungsrichter Gabriel die Erlaubnis gegeben haben, spricht derzeit nichts für ungewollte Überraschungen in anderen Ländern. Der EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs wird sich zwei Tage später ebenfalls mit dem Freihandel befassen.

Feierlich unterzeichnet werden soll Ceta dann auf dem EU-Kanada-Gipfel am 27. Oktober. Noch vor der Weihnachtspause am 5. Dezember wird dann der Handelsausschusses im EU-Parlament über den Text entscheiden. Noch nicht genau fest steht, wann das gesamte Parlament über Ceta befindet.

Eine Plenarsitzung ist noch im Dezember möglich, findet vielleicht aber auch erst im Januar kommenden Jahres statt. Mit der Mehrheit von Sozialdemokraten und Konservativen gilt die Zustimmung als sicher. Ceta könnte vorläufig in Kraft treten. Die Ratifizierung durch die Parlamente in den einzelnen EU-Staaten wird noch eine erhebliche Zeit dauern. Votiert eine Volksvertretung dagegen, ist das gesamte Abkommen gescheitert.

DJG/chg/jhe/17.10.2016

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