Finanz- und Wirtschaftsspiegel

Der Newsletter "Finanz- und Wirtschaftsspiegel" informiert täglich über die Aktivitäten der internationalen Zentralbanken mit Schwerpunkt auf die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve und die Bank of Japan.

BIZ: Mehr Euro-Kredite an Industrieländer wegen EZB-Anleihekäufen

Erscheinungsdatum Website: 19.09.2016 16:20:05
Erscheinungsdatum Publikation: 20.09.2016

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ZÜRICH (Dow Jones)--Die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) führen nach Aussage der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zu einer höheren Vergabe von in Euro denominierten Krediten. Wie die BIZ in ihrem jüngsten Quartalsbericht schreibt, betrifft das besonders die Kreditvergabe in Industrieländer außerhalb des Euroraums und zeigt, dass der Euro zu einer internationalen Finanzierungswährung zu werden beginnt. Die Geldpolitiker müssten daher die grenzüberschreitenden Folgen ihrer Politik im Blick behalten.

Für die BIZ ist dieser Effekt von Interesse, weil sie sich schon länger mit den Auswirkungen der Geldpolitik eines Wirtschaftsraums auf andere Wirtschaftsräume (Spill Over) beschäftigt. Laut BIZ setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass die Währungszusammensetzung von Krediten eine entscheidende Rolle für das Ausmaß, die Verteilung und die Richtung solcher Spill-Over-Effekte spielt. Unter besonderer Beobachtung steht in dieser Hinsicht normalerweise der US-Dollar.

Die BIZ weist darauf hin, dass das Volumen der ausstehenden Dollar-Kredite seit der Finanzkrise von 6 auf 9 Billionen Dollar gestiegen ist. Zudem habe sich gezeigt, dass es in Phasen einer Dollar-Aufwertung bei global tätigen Banken zu einem Kreditabbau (Deleveraging) und einer Straffung der weltweiten Finanzierungsbedingungen kommt.

Laut BIZ sind ähnlich Auswirkungen einer geldpolitischen Lockerung auch für das im ersten Quartal 2015 begonnene Ankaufprogramm der EZB belegbar. Das kann insofern nicht erstaunen, als das Euro-Netzwerk nach Angaben der BIZ das weltweit zweitgrößte hinter dem Dollar-Netzwerk ist.

21 Prozent aller grenzüberschreitenden Kredite entfallen auf den Euro

Laut BIZ entfielen auf den Euro im ersten Quartal 2016 rund 21 Prozent aller grenzüberschreitenden Kredite und auf den Dollar 55 Prozent. In europäischen Industrieländern außerhalb des Euroraums entfielen auf den Euro 32 (Dollar: 35) Prozent, in europäischen Schwellenländern waren es 40 (Dollar: 31) Prozent.

Die BIZ hat herausgefunden, dass Banken, die vor Beginn des Ankaufprogramms einen hohen Bestand grenzüberschreitenden Euro-Forderungen hatten, ihre grenzüberschreitende Kreditvergabe im ersten Quartal 2015 überproportional steigerten. Das gelte vor allem für die Kreditvergabe in Industrieländer außerhalb des Euroraums.

Nach Aussage der BIZ zeigt das, dass der Euro ebenfalls über ein internationalen Netzwerk verfüge, das wie das Dollar-Netzwerk auf geldpolitische Schocks reagiere. "Das verstärkt den Eindruck, dass der Euro einige Eigenschaften des Dollar als internationale Finanzierungswährung anzunehmen beginnt", urteilt die BIZ.

BIZ: Währungsnetzwerke reagieren symmetrisch auf geldpolitische Schocks

Eine weitere wichtige Erkenntnis ist laut BIZ, dass Währungsnetzwerke auf geldpolitischen Schocks symmetrisch reagieren - auf eine Straffung der Finanzierungsbedingungen (Taper Tantrum der US-Notenbank 2013) ebenso, wie auf eine Lockerung (QE-Start der EZB 2015).

Relevant sind diese Erkenntnisse laut BIZ vor allem für Länder, die viele Kredite im Ausland aufnehmen. Es zeige sich, dass das Kreditangebot nicht alleine vom Zustand des kreditgebenden Bankensystems abhänge, sondern auch an der Denominierung der Kredite. So beeinflusst die EZB-Geldpolitik die Euro-Kreditvergabe schweizerischer Banken nach Polen, obwohl keines der beiden Länder der Eurozone angehört.

"Angesichts der sehr unkonventionellen Maßnahmen, die die Zentralbanken der großen Industrieländer in den vergangenen Jahren ergriffen haben und angesichts des hohen Bestands grenzüberschreitender, in Fremdwährung denominierter Kredite sollten die Zentralbanken auch auf die Währungszusammensetzung dieser Kredite achten, wenn sie die Auswirkungen ihrer Geldpolitik zu beurteilen versuchen", mahnt die BIZ.

DJG/hab/apo

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