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Koalitionsgipfel soll Durchbruch bei Erbschaftsteuer bringen

Erscheinungsdatum Website: 27.05.2016 18:20:04
Erscheinungsdatum Publikation: 30.05.2016

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BERLIN (Dow Jones)--Die Spitzen der Großen Koalition wollen am kommenden Mittwoch voraussichtlich über die Reform der Erbschaftsteuer entscheiden, über die CDU, CSU und SPD seit mehr als einem Jahr streiten. Bei einem Treffen des Koalitionsausschusses am Mittwochabend im Kanzleramt soll die Reform nun auf den Weg gebracht werden. Allerdings ist noch nicht sicher, ob das diesmal gelingt.

Die Bundesregierung bestätigte am Freitag, dass bei dem Treffen über die Erbschaftsteuer gesprochen werden solle - wollte sich jedoch nicht auf einen Erfolg der Gespräche festlegen lassen. "Ich würde mich sehr wundern, wenn man sich nicht einigen würde", sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter zwar, um bei einer Pressekonferenz in Berlin aber nachzuschieben: "Man wird sich einigen - die Frage ist nur, wann."

Auch eine Sprecherin von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollte bei derselben Pressekonferenz "keine Erwartungen äußern", denn es gehe um ein Koalitionstreffen. "Wir nehmen zur Kenntnis, was dann festgesetzt wird," betonte Ministeriumssprecherin Friederike von Tiesenhausen lediglich.

Schäuble will eine politische Entscheidung

Schäuble selbst hatte die Vorsitzenden der Regierungsparteien erst Anfang der Woche zu einer baldigen Einigung über die umstrittene Reform aufgerufen, für die das Verfassungsgericht eine Frist bis zum 30. Juni gesetzt hat. "Eigentlich sind die Arbeiten fertig, jetzt müssten sich nur noch die Parteivorsitzenden irgendwie einigen", forderte der Finanzminister. "Wir brauchen eigentlich nur eine politische Entscheidung."

Die Bundestags-Fraktionsführungen von CDU/CSU und SPD hatten sich schon im Februar eigentlich auf ein Kompromissmodell für die Reform verständigt, die nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bis Ende Juni erfolgen muss. CSU-Chef Horst Seehofer hatte dann aber noch weiter gehende Forderungen hinterhergeschickt.

Das Modell, auf das sich die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU), Gerda Hasselfeldt (CSU) und Carsten Schneider (SPD) verständigt haben, sieht zum Teil weit reichende Korrekturen an Schäubles ursprünglichen Gesetzentwurf vor. Der grundsätzliche Plan, notfalls auch das Privatvermögen der Unternehmer bei der Zahlung der Erbschaftsteuer auf Betriebe zu berücksichtigen, wird aber beibehalten.

Dafür soll eine Freigrenze von 26 Millionen Euro gelten: Liegt das ererbte Betriebsvermögen darüber, soll das Privatvermögen bis maximal zu seiner Hälfte zur Begleichung der Erbschaftsteuer dienen. Dazu soll zuvor eine Bedürfnisprüfung gemacht werden.

Bundesrat könnte Reform am 8. Juli beschließen

Kleinunternehmen sollen aber von der Steuer verschont werden, wenn sie Arbeitsplätze erhalten. So sollen Erben von Betrieben mit bis zu drei Beschäftigten keine Erbschaftsteuer zahlen, wenn sie das Unternehmen sieben Jahre fortführen. Seehofer dringt hingegen darauf, die Grenze auf fünf Arbeitnehmer anzuheben. Der CSU-Chef hat auch Nachbesserungen in sieben weiteren Punkten verlangt. So will er nicht das ganze Vermögen des Erben einbeziehen, "sondern nur das im Erbfall oder im Wege der Schenkung übergegangene" - gegen massive Bedenken der SPD.

Auch weitere Forderungen Seehofers stehen in Widerspruch zu Schäubles Entwurf und dem Koalitions-Kompromiss. So soll es nach seiner Forderung größere Ausnahmen für Investitionsmittel geben, wenn die Erben Barmittel innerhalb eines Jahres wieder in die Firma investieren. Seehofer will zudem eine zehnjährige Stundungsmöglichkeit für Firmenerben auch auf Schenkungen und das Verwaltungsvermögen ausdehnen.

Bis Ende Juni 2016 muss die Steuer neu geregelt sein, weil das Bundesverfassungsgericht Teile der bisherigen gesetzlichen Regelung verworfen hat. Gelänge am Mittwoch eine Einigung, wird in der Koalition ein Gesetzesbeschluss Ende Juni oder Anfang Juli für möglich gehalten. Der Bundestag könne das Vorhaben in der am 10. Juni endenden Sitzungswoche abschließen und der Bundesrat am 17. Juni - aber nur, wenn die Länderkammer die Frist verkürzt. "Vermutlich würde es dann eher der Bundesrat am 8. Juli werden", sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person.

Gelingt dem Gesetzgeber bis Ende Juni keine Neuregelung, sollen die alten Bestimmungen vorerst weiter gelten, hat ein Sprecher des Karlsruher Verfassungsgerichtes bereits erklärt.

DJG/ank/sha

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