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Schäuble verschärft den Kampf gegen Briefkastenfirmen

Erscheinungsdatum Website: 29.04.2016 18:00:02
Erscheinungsdatum Publikation: 02.05.2016

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BERLIN (Dow Jones)--Um Briefkastenfirmen im Ausland das Leben schwerer zu machen, plant Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nun eine kurzfristige Verschärfung der Bestimmungen in Deutschland.

Vorschläge Schäubles für eine entsprechende Reform der deutschen Abgabenordnung werden nach Angaben seines Ministeriums deshalb mit den Ländern bei einem Treffen am Donnerstag und Freitag beraten. Sie basieren auf dem Zehn-Punkte-Plan, den Schäuble in Reaktion auf die Enthüllungen der "Panama Papers" zu Briefkastenfirmen ausgearbeitet hat. Möglich ist nach Angaben eines Ministeriumssprechers eine Einigung mit den Ländern im Mai und ein Gesetzesbeschluss von Bundestag und Bundesrat noch in diesem Jahr.

Die deutschen Finanzbehörden sollen laut Finanzministerium "umfassende Informationen von nationalen Banken und inländischen Steuerpflichtigen über deren Offshore-Aktivitäten" erhalten. Darüber hinaus sollen die Finanzbehörden neue Befugnisse bekommen, um wirksam gegen Steuerhinterziehung über Briefkastenfirmen vorgehen zu können, und das Steuerstrafrecht soll verschärft werden. Schäuble schlägt neue Pflichten für Steuerpflichtige und Kreditinstitute, neue Befugnisse der Finanzbehörden und eine Verschärfung des Steuerhinterziehungsstrafrechts vor.

Teil der Maßnahmen ist eine Meldepflicht für Beteiligungen an Offshore-Briefkastenfirmen. "Die Meldepflichten der Steuerpflichtigen gegenüber der Finanzbehörde werden umfassend erweitert, wenn sie Briefkastenfirmen im Ausland gegründet oder Anteile daran erworben haben", heißt es in einem Papier des Finanzministeriums für die Beratungen mit den Ländern, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte. Verstöße sollen "als Steuerordnungswidrigkeit sanktioniert" werden. In der Steuererklärung sollen Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Briefkastenfirmen abgefragt werden.

Neue Pflichten für die Banken

Aber auch die Banken sollen künftig eine Anzeigepflicht haben, wenn sie ihren Kunden Offshore-Aktivitäten vermitteln. Verstöße dagegen soll ebenfalls eine Steuerordnungswidrigkeit darstellen. Außerdem soll nach den Planungen die Steuer-Identifikationsnummer von den Kreditinstituten automatisch bei jeder Kontoeröffnung erhoben werden, "auch von den wirtschaftlich Berechtigten".

Geplant ist auch eine weitere Öffnung der Bestimmungen zum Bankgeheimnis durch eine Aufhebung des Paragraphen 30a der Abgabenordnung, der den Schutz von Bankkunden regelt und nach dem die Finanzbehörden auf das Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunden bisher besonders Rücksicht nehmen müssen.

Künftig sollen aber nach dem Willen Schäubles Informationen zu Briefkastenfirmen, die Betriebsprüfer bei der Prüfung von Banken "nebenbei" erzielen, zur weiteren steuerlichen Nachprüfung von Kunden der Bank herangezogen werden dürfen. "Das bestehende Vertrauensverhältnis zwischen Banken und ihren Kunden wird dafür keine Beschränkung mehr darstellen (Aufhebung des 30a AO)," heißt es in dem Papier.

Auch soll die Kontenabrufmöglichkeit der Finanzbehörden auf Geschäftsbeziehungen zu Briefkastengesellschaften erweitert werden, es sollen Sammel-Auskunftsersuchen an Kreditinstitute möglich werden, und es soll eine "anlasslose Auskunftspflicht" der Banken darüber eingeführt werden, ob Geschäftsbeziehungen zu Briefkastengesellschaften vermittelt wurden.

Grünen gehen die Pläne nicht weit genug

Eine von Schäuble geplante Verschärfung des entsprechenden Strafrechts sieht zudem vor, dass Steuerhinterziehung mittels Briefkastenfirmen als "besonders schwere Steuerhinterziehung" deklariert werden soll. Damit würde die strafrechtliche Verfolgbarkeit auf zehn Jahre ausgeweitet.

Den Grünen gehen die Pläne des Finanzministers aber nicht weit genug. "Die lange Liste von Maßnahmen ließt sich auch als lange Liste der Versäumnisse von Schäuble", erklärten Finanzsprecher Gerhard Schick und Steuerexpertin Lisa Paus. Zwar sei es gut, dass Schäuble - "getrieben von den Veröffentlichungen der Panama Papers" - endlich reagiere. "Trotzdem mangelt es an Substanz", kritisierten Schick und Paus.

Schäuble setze manche Punkte zu zaghaft und andere überhaupt nicht um. Auch sage der Vorschlag nicht, wie die Briefkastenfirmen künftig definiert werden sollten. "Wenn es hier an einer vollziehbaren Definition fehlt, so laufen die vorgeschlagenen Verschärfungen sämtlich in die Leere," warnten die Grünen.

DJG/ank/kla/02.05.2016

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