Bauwirtschaft

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Bilfingers jahrelanger Kursanstieg endet mit einem Knall

Erscheinungsdatum Website: 04.07.2014 09:30:27
Erscheinungsdatum Publikation: 07.07.2014

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Von Michael Otto Denzin

Es war ein gewaltiger Knall, mit dem die Bilfinger-Aktie ihren jahrelangen Aufwärtstrend beendet hat. An späten Montagabend erklärte der Baudienstleister, dass seine Gewinnziele nicht erreichbar seien. Am Dienstag stürzte der Kurs daraufhin in der Spitze um 17 Prozent ab.

"Die Gewinnwarnung ist schon drastisch genug, dazu ist auch noch die Mittelfrist-Prognose in Gefahr", erklärt ein Händler den Kursrutsch. Vom Montagsschluss bei 83,26 Euro sackte die Aktie vorübergehend bis unter 70 Euro ab, offenbar mit ausgelöst durch eine hohe Zahl an unlimitierten Verkaufsaufträgen, die Anleger um die Marke von 80 Euro platziert hatten. Diese sogenannten Stop-Loss-Order, die bei einem Sturz unter das Niveau automatische Aktienverkäufe nach sich ziehen, haben die Abwärtsspirale befeuert.

In der harschen Kursreaktion sehen Händler einen Spiegel der - bislang - hohen Gewinnerwartungen. Die Toleranz für Unternehmen, die ihre Planziele verfehlen, nehme immer weiter ab. Das habe sich bereits bei der Gewinnwarnung der Lufthansa am 11. Juni gezeigt, die einen vergleichbaren Kurssturz auslöste. Bei Bilfinger wird die negative Einschätzung am Markt dadurch verstärkt, dass Vorstandschef Roland Koch noch im Mai die Prognosen für das laufende Jahr bekräftigt hatte.

Wenige Wochen später ist das Makulatur: Der Mannheimer Konzern macht die Energiewende für die gesenkten Ziele verantwortlich. So soll die Marge im wichtigen und eigentlich zukunftsträchtigen Geschäftsfeld Power auf 6 Prozent abrutschen, nach knapp 9 Prozent im Vorjahr.

Energiewende trifft nicht nur Versorger

Bislang waren es vor allem die deutschen Energiekonzerne wie RWE und Eon, die die Folgen des Wandels von konventioneller hin zu erneuerbarer Energie in ihren Bilanzen zu spüren bekamen. Jetzt hat es den Dienstleister Bilfinger erwischt. Lange Zeit konnten sich dessen Aktionäre nicht über die Performance der Aktie beschweren - anders als die Besitzer von Versorgeraktien. Die Bilfinger-Aktie setzte ab 2009, als sie kurzzeitig unterhalb von 17 Euro notierte, zu einer fünfjährigen Hausse an, die sie am 4. April diesen Jahres auf über 93 Euro trug, ein Plus von mehr als 400 Prozent. Wer zum Tiefstkurs zugegriffen hatte, konnte sich über eine jährliche Rendite von rund 40 Prozent freuen. Selbst mit dem aktuellen Kurseinbruch bleiben noch 33 Prozent pro Jahr übrig.

Der lange Anstieg der Aktie hatte viele Anleger jedoch vorsichtiger werden lassen. Sie hatten sich durch Stop-Loss-Orders abgesichert. Eigentlich sollen diese dazu dienen, Kursverluste durch einen zu späten Verkauf einer unter Druck geratenen Aktie zu vermeiden. Der Schuss kann allerdings auch nach hinten losgehen, ?wenn viele Anleger das brennende Kasino gleichzeitig durch dieselbe Tür verlassen wollen", wie es ein Marktbeobachter beschreibt.

Bei Bilfinger war das offensichtlich der Fall. Viele dieser Verkaufsorders lagen in der Preiszone rund um 80 Euro. Da sie am Dienstagmorgen fast alle gleichzeitig ausgelöst wurden, habe eine massive Verkaufswelle kurz nach Handelseröffnung eingesetzt, sagen Marktteilnehmer. "Anleger vergessen oft, dass eine Stop-Loss-Order nicht genau an der genannten Verkaufsschwelle ausgeführt wird", sagt ein Händler: "Sie bedeutet, dass die Aktie ab dieser Marke unlimitiert auf den Markt geworfen und dann - egal zu welchem Preis - ausgeführt wird".

Massiv verprellt hat die Gewinnwarnung aber nicht nur Anleger, auch Analysten zeigten sich verwundert. Die DZ Bank kündigte an, ihre Gewinnziele zu überprüfen. Nach einem schleppenden Start in das Jahr 2014 implizierten die Bilfinger-Aussagen eine deutliche Zurückhaltung der Kunden in Europa, sagt DZ-Analyst Jasko Terzic. Die niedrige Kapazitätsauslastung belaste nun die Profitabilität, was zu einem Gewinnrückgang führe. Vor allem die Schwäche der Sparte Power Division missfällt dem Analysten. Dies sei negativ, ?da sie für rund 30 Prozent des adjustierten Konzern-Gewinns (EBITA) steht und die höchste Marge im Konzern aufweist".

Ebenso wie Terzic prüft auch Ingbert Faust von Equinet, die Einstufung der Aktie herunterzunehmen. Die Gewinnwarnung "wird die Unsicherheit mit Blick auf die mittelfristige Entwicklung der Margen substanziell erhöhen", sagt er. Früher seien die Gewinnspannen selbst unter schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen überproportional stabil gewesen.

Das ist seit Montagabend Vergangenheit.

Kontakt zum Autor: michael.denzin@wsj.com

DJG/WSJ/mod/smh

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