Märkte der Welt

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Gütertransporte über transeurasischen Landweg lohnt sich
Erscheinungsdatum Website: 11.05.2012 12:30:04
Erscheinungsdatum Publikation: 18.05.2012
Züge bringen deutsche Waren doppelt so schnell nach China
CHONGQING (MdW)--Beim Gütertransport von Europa nach Asien wird der Landweg für Unternehmen immer interessanter. So transportiert DB Schenker für bislang zwei Kunden Waren zwischen Deutschland und China. Das Unternehmen Far East Landbridge (FELB) bietet Routen zwischen sieben chinesischen Städten und Zentraleuropa an. Dabei ist der Landweg vor allem für den Zugang zum Westen Chinas sehr interessant.
Täglich verlässt ein Zug von DB Schenker die sächsische Landeshauptstadt in Richtung Fernost. Für BMW belädt die Logistiktochter der Deutschen Bahn ihre Container in Leipzig mit Autoteilen, die sie anschließend per Schiene ins Werk nahe der chinesischen Küste fährt. Auch vom Werk in Wackersdorf bricht einmal pro Woche ein Direkttransport auf. Die Strecke führt die Waren dabei über Berlin, Warschau, Brest, Minsk, Moskau, Jekaterinburg, Novosibirsk, Irkutsk, Manzhouli und Hulunber nach Shenyang in der Provinz Liaoning. Die knapp 11.000 Kilometer legen die Containerzüge in höchstens 23 Tagen zurück. ?Wenn alles glatt geht, dauert die Reise 21 Tage?, erklärt Jens Nöldner, Geschäftsführer von DB Schenker Rail Automotive. ?Wir haben es aber auch schon mal in 19 geschafft.?
Auch andere Unternehmen sind auf der Strecke aktiv. So bietet FELB ausgehend von den chinesischen Städten Shanghai, Tianjin, Dalian, Shenyang, Chongqing, Incheon und Pusan einen door-to-door-Service an. Ziel der Güterreise sind zentraleuropäische Länder wie Deutschland, Polen, Ungarn, Österreich, Italien, die Slowakei und Tschechien. Auch hier rechnen die Spediteure mit einer Transportzeit zwischen 19 und 25 Tagen, je nach Strecke und zu liefernder Ware.
Dabei planen die Logistikanbieter zur Sicherheit gerne etwas mehr Zeit ein. Denn Komplikationspotenzial gibt es zu Genüge. Ihr Weg von Deutschland nach Fernost führt die Wagen von DB Schenker über vier nationale Grenzen und durch drei Zollregionen. Zwar hat DB Schenker mit seinem russischen Partner TransContainer, der Tochter der Russischen Eisenbahnen (RZD) und FELB Verträge geschlossen, die die Zollabfertigung vereinfachen. Dennoch kann es zu Zwischenfällen kommen. Auch die Schienen stellen ein zeitraubendes Problem dar: In Deutschland und China fahren Züge auf einer schmaleren Spur von 1435 mm Breite, während die russischen Wagen auf 1520 mm Breite verkehren. Daher müssen die Transportunternehmen die Waren sowohl an der Grenze zwischen Polen und Weißrussland als auch zwischen Russland und China auf Tragwaren mit der jeweils anderen Spurweite umladen. Das kann schon einmal je einen Tag in Anspruch nehmen.
Dennoch ist die Zeit der attraktivste Vorteil für die Landverbindung. ?Die direkten Züge unterbieten den Transport per Seeschiff um mehr als die Hälfte?, lobt Nöldner die Strecke quer durch Eurasien. ?Und wenn es in küstenferne Regionen im Westen Chinas geht, fällt dieser Vorteil noch mehr ins Gewicht.? Denn während viele Waren aus dem Westen Chinas allein drei Tage lang unterwegs sind, bis sie den Hafen erreichen, sind die transeurasischen Güterzüge in der gleichen Zeit schon auf halbem Weg zur russischen Grenze.
Ein Nachteil sind dagegen die Frachtkosten und die beschränktere Ladekapazität der Güterwagen. Mit maximal 200 TEU kann ein Containerzug nur einen Bruchteil der Fracht aufnehmen, die ein Containerschiff transportiert. Der zeiteffizientere Weg über die Schiene rechnet sich daher vor allem bei Produkten, die schnell den Kunden erreichen sollen und deren Preis einen Transport per Luftfracht nicht rechtfertigt. Dazu gehören nach Einschätzung von DB Schenker Waren der Bekleidungsindustrie, Elektronikgeräte sowie Schwer- und Gefahrengüter.
Bereits 200 Containerzüge sind nach Angaben von DB Schenker für BMW nach China gerollt. Seit Betriebsaufnahme der Strecke im November 2010 nahmen somit 6.5000 Container den Weg über die eurasische Landbrücke. Und auch für den umgekehrten Transport in China hergestellter Güter nach Deutschland nutzt das Logistikunternehmen den Weg über Land. Vom Verladebahnhof Chongqing in der Provinz Sichuan fährt DB Schenker für einen deutschen Elektronikkunden mit Produktion in Fernost Waren nach Duisburg. Mit wöchentlichen Abfahrten ist diese Richtung aber weniger stark frequentiert. Auch erfolgt sie über eine andere Strecke. Die sogenannte Süd-Route führt im Gegensatz zur Nord-Route aus der 30-Millionen-Metropole Chongqing über Kasachstan. Auch hier laden die internationalen Logistikpartner mehrmals auf Züge mit einer anderen Spurweite um.
Mit dem Transport für lediglich zwei Kunden ist laut DB Schenker die Strecke noch stark unterfrequentiert. ?Wir sind aber zuversichtlich, dass die Nachfrage in Zukunft zunehmen wird und auch weitere Kunden diesen Weg wählen?, prognostiziert Daniel Wieland, Senior Vice President Rail Logistics & Forwarding. ?Vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden Verlagerung deutscher Unternehmensaktivitäten ins chinesische Inland.? So fragten Kunden bereits jetzt immer öfter bei Logistikausschreibungen auch die Schienenstrecke an. ?Einige Testverkehrte laufen auch schon?, berichtet Wieland.
Katharina Schnurpfeil (gtai)