Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Georgieva: IWF senkt BIP-Prognosen deutlich

Erscheinungsdatum Website: 17.04.2025 17:25:01
Erscheinungsdatum Publikation: 22.04.2025

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FRANKFURT (Dow Jones)--Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Prognosen für das Weltwirtschaftswachstum nach Aussage von IWF-Chefin Kristalina Georgieva deutlich gesenkt und die Inflationsprognosen angehoben. "Unsere neuen Wachstumsprognosen werden deutliche Senkungen zeigen, aber keine Rezession", sagte sie in ihrer Auftaktrede zur Frühjahrstagung von IWF und Weltbank, zu der der IWF einen Weltwirtschaftsausblick veröffentlichen wird (22. April, 15.00 Uhr). Georgieva stellte außerdem die Anhebung der Inflationsprognosen für einige Länder in Aussicht. Die IWF-Chefin sprach in ihrer Auftaktrede von einem "Reboot" des Welthandelssystems, von dem nicht alle Menschen im gleichen Maße profitiert hätten. Schuldzuweisungen in Richtung USA vermied sie.

Georgieva sagte: "Handelsspannungen sind wie ein Topf, der lange Zeit brodelte und nun überkocht. Was wir sehen, ist zu einem großen Teil das Ergebnis einer Erosion des Vertrauens - des Vertrauens in das internationale System und des Vertrauens zwischen den Ländern. Die globale wirtschaftliche Integration hat eine große Zahl von Menschen aus der Armut befreit und die Welt als Ganzes besser gemacht. Aber nicht alle haben davon profitiert."

Eine von Georgieva präsentierte Grafik zeigt, dass eine seit Anfang der 1990er Jahre anhaltende Konvergenz der von den USA und von den übrigen Ländern erhobenen Zölle zum Stillstand gekommen ist, wobei die Zölle Ex-USA von einem hohen Niveau aus im Trend sanken, die US-Zölle aber seit einigen Jahren von einem niedrigen Niveau aus stiegen. Bei den nicht-tarifären Hemmnissen liegen China und die USA vor der EU.

Georgieva zufolge ist nun eine "ausgewogenere, widerstandsfähigere Weltwirtschaft" in Reichweite. "Wir müssen handeln, um sie zu sichern", sagte sie. Die Umlenkung von Handelsströmen durch Zölle und nicht-tarifäre Hemmnisse werde dazu führen, dass einige Sektoren in einigen Ländern von Billigimporten überschwemmt würden, während es in anderen zu Engpässen kommen könne. "Der Handel geht weiter, aber die Unterbrechungen verursachen Kosten."

Beeinflusst werden Weltwirtschaft und Welthandel nach Aussage der IWF-Chefin außerdem zunehmend von Sicherheitserwägungen. "Die Logik der nationalen Sicherheit besagt, dass eine breite Palette strategischer Güter, von Computerchips bis zu Stahl, im eigenen Land hergestellt werden muss und dass dies seinen Preis wert ist", sagte sie.

Diese Bedenken zusammengenommen hätten zu einer Welt geführt, in der der Industrie mehr Aufmerksamkeit geschenkt werde als dem Dienstleistungssektor, in der nationale Interessen Vorrang vor globalen Belangen hätten und in der selbstbewusste Aktionen selbstbewusste Reaktionen hervorriefen.

Die IWF-Chefin legte den Ländern drei wirtschaftspolitische Prioritäten ans Herz:

1. Sie müssten "ihr Haus" in Ordnung bringen, was vielerorts auf einen Schuldenabbau hinausliefe; es brauche eine agile Geldpolitik und ein starkes Bekenntnis zur Unabhängigkeit der Zentralbank sowie eine starke Bankenregulierung bei Beachtung der Risiken durch Nicht-Banken.

2. Die Länder sollten sich Georgieva zufolge dem Abbau interner und externer makroökonomischer Ungleichgewichte verschreiben. "Länder mit Leistungsbilanzüberschüssen verspüren im Allgemeinen wenig Dringlichkeit, sich anzupassen - sie sind Exporteure, nicht Importeure von Kapital", sagte sie. Andererseits hätten Länder mit Reservewährungen - insbesondere die USA - eine besondere Fähigkeit, Leistungsbilanzdefizite aufrechtzuerhalten. "Aber das Nettoergebnis von anhaltenden Überschüssen und Defiziten kann zu einem Aufbau von Schwachstellen führen", sagte sie.

3. Die Länder sollten in dieser multipolaren Welt kooperieren. "In der Handelspolitik muss es das Ziel sein, eine Einigung zwischen den größten Akteuren zu erzielen, die Offenheit bewahrt und für gerechtere Wettbewerbsbedingungen sorgt, um den weltweiten Trend zu niedrigeren Zollsätzen wieder in Gang zu bringen und gleichzeitig nicht-tarifäre Hemmnisse und Verzerrungen abzubauen."

DJG/hab/mgo

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