Finanz- und Wirtschaftsspiegel
Der Newsletter "Finanz- und Wirtschaftsspiegel" informiert täglich über die Aktivitäten der internationalen Zentralbanken mit Schwerpunkt auf die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve und die Bank of Japan.
Fed senkt die Zinsen - BoE/BoJ halten still
Erscheinungsdatum Website: 13.09.2024 16:30:07
Erscheinungsdatum Publikation: 16.09.2024
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Welt ist ein geldpolitisches Dorf und in dem ist nächste Woche einiges los. Die wichtigste Zentralbank senkt ihre Leitzinsen (man weiß nur noch nicht wie stark), die Bank of England (BoE) hält wohl noch still, und die Bank of Japan (BoJ) wettert noch die Nachbeben ihrer unerwarteten geldpolitischen Straffung von Juli ab - aber vielleicht gibt sie einen Ausblick? Zinsentscheidungen gibt es außerdem in China, Norwegen und der Türkei.
Fed könnte Zinsen um 25 oder 50 Basispunkte senken
Marktteilnehmer hatten sich gerade mit der Vorstellung abgefunden, dass die Federal Reserve ihren Leitzins nun doch nur um 25 Basispunkte senken würde, da passierten einige Dinge, die nun doch 50 Basispunkte in den Bereich des Möglichen zu rücken scheinen: Zum einen deuteten Details der Erzeugerpreise für August hin, dass der am Preisindex der persönlichen Konsumausgaben (PCE-Deflator) gemessene Inflationsdruck deutlich gesunken sein könnte.
Zum anderen wird die Möglichkeit eines großen Zinsschrittes im Wall Street Journal durch einen Autoren erörtert, der nach Einschätzung von Analysten intime Kenntnisse der Diskussionen im Offenmarktausschuss (FOMC) hat. Tatsächlich ist die Frage "25 oder 50" aus Marktsicht ziemlich offen. Einem kleinen Zinsschritt wird von den Fed Funds Futures eine Wahrscheinlichkeit von mit 59 Prozent beigemessen, einem großen eine von 41 Prozent.
Die Fed macht ihre geldpolitischen Entscheidungen am Mittwoch (20.00 Uhr) bekannt und veröffentlicht auch die Makro- und Leitzinsprognosen der FOMC-Mitglieder. Um 20.30 Uhr beginnt die Pressekonferenz mit Fed-Chairman Jerome Powell.
Bank of England hält Leitzins stabil
Die BoE ist immer noch nervös wegen der Inflation und wird ihren Leitzins trotz der Anzeichen einer wirtschaftlichen Stagnation bei ihrer Ratssitzung wahrscheinlich stabil halten. Zuletzt hatte die BoE den Schlüsselzins um 25 Basispunkte auf 5,00 Prozent reduziert. Fünf Ratsmitglieder stimmten für die Senkung um 25 Basispunkte, während vier für die Beibehaltung der Zinssätze votierten, da sie nicht davon überzeugt waren, dass die Inflation in Großbritannien ausreichend wirklich eingedämmt ist.
Daher ist es durchaus möglich, dass die BoE eine weitere Lockerung der Geldpolitik zumindest bis November hinauszögert. Obwohl die Gesamtinflation nahe am Zielwert der BoE von 2 Prozent liegt, steigen die Preise im Dienstleistungbereich und die Löhne - die von der BoE genau beobachtet werden - immer noch mit über 5 Prozent, so dass die Zentralbank zögert, die Geldpolitik zu schnell zu lockern.
Die jüngsten Daten zum Bruttoinlandsprodukt zeigten, dass die britische Wirtschaft im Juli ins Stocken geriet, da die Produktion im verarbeitenden Gewerbe stark zurückging, aber der BoE-Rat wird wahrscheinlich nicht von seinem Kurs einer langsamen und stetigen Zinssenkung abweichen. Vor der BoE-Zinsentscheidung (Donnerstag, 13.00 Uhr) veröffentlicht die Statistikbehörde ONS noch Verbraucherpreisdaten für August (Mittwoch, 8.00 Uhr).
Bank of Japan wartet nach Marktturbulenzen ab
Ökonomen gehen davon aus, dass die BoJ bei ihrer anstehenden Ratssitzung die Zinsen unverändert lassen wird, nachdem sie im Juli das Zinsziel auf 0,25 Prozent angehoben hat. Die jüngste Aufwertung des Yen hat den Druck auf die Preise etwas gemildert. Angesichts der jüngsten Turbulenzen auf den Finanzmärkten, zu denen auch der größte Kurseinbruch in der Geschichte des Nikkei-225 am 5. August gehörte, nur wenige Tage nachdem die Zentralbank den Leitzins angehoben hatte, muss die Notenbank die Finanzmärkte sorgfältig beobachten, sagen Experten.
Die BoJ hatte im März die Negativzinsen beendet und im Juli die Zinsen auf 0,25 Prozent erhöht, da sie der Ansicht war, dass Japan stetige Fortschritte auf dem Weg zum dauerhaften Erreichen des Inflationsziels von 2 Prozent mache. Die meisten Ökonomen erwarten, dass die Zentralbank bis Dezember oder Januar warten wird, bevor sie die Zinsen wieder anhebt. Die Zinsentscheidung wird am frühen Freitagmorgen bekannt gemacht.
PBoC bestätigt Leitzins für Unternehmenskredite
Nachdem die People's Bank of China (PBoC) ihre Referenzsätze für Unternehmenskredite (LPR) mit 1- und 5-jähriger Laufzeit im Juli unerwartet gesenkt hatte, prognostizieren Analysten für diesen Freitag (3.00 Uhr) unverändert Sätze von 3,35 und 3,85 Prozent. Allerdings gibt es Spekulationen darüber, dass die PBoC an anderen Zinsschrauben drehen könnte: Am Mindestreservesatz beziehungsweise an den Zinsen für Kredite aus der mittelfristigen Kreditfazilität (MLF) für Banken - dies allerdings zu einem anderen Zeitpunkt.
Leitzinsentscheidungen sind außerdem aus Norwegen (Donnerstag, 10.00 Uhr) und aus der Türkei (Donnerstag, 13.00 Uhr) zu erwarten.
Am Dienstag (11.30 Uhr) bei der Zuteilung des Haupt-Refi-Tenders durch die Europäische Zentralbank (EZB) wird sich zeigen, ob die Senkung des Hauptrefinanzierungssatzes um 60 Basispunkte unmittelbare Auswirkungen auf diese Form der Liquiditätsbeschaffung hat. Zuletzt waren 2 bis 4 Milliarden Euro zugeteilt worden.
DJG/hab/apo