Finanz- und Wirtschaftsspiegel

Der Newsletter "Finanz- und Wirtschaftsspiegel" informiert täglich über die Aktivitäten der internationalen Zentralbanken mit Schwerpunkt auf die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve und die Bank of Japan.

Scholz: Deutschland hat konjunkturelle Delle wohl überwunden

Erscheinungsdatum Website: 20.11.2023 19:25:01
Erscheinungsdatum Publikation: 21.11.2023

zurück zur Übersicht

BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich zuversichtlich gezeigt, dass Deutschland seine wirtschaftliche Schwächephase überwunden hat. Auf einer Konferenz mit afrikanischen Staats- und Regierungschefs in Berlin verwies Scholz auf den potenziellen Gewinn, den Deutschland und Afrika durch eine engere Zusammenarbeit im Bereich Freihandel, Energie und Arbeitskräften erzielen könnten. Es gehe darum, gemeinsam private Investitionen und Beschäftigung zu fördern sowie Reformen in den afrikanischen Partnerländern voranzubringen und so den Boden für nachhaltiges Wachstum zu bereiten.

Mit Blick auf Deutschland verwies Scholz eine bessere wirtschaftliche Lage und den Bedarf an ausländischen Arbeitskräften. "Alles deutet darauf hin, dass wir die konjunkturelle Delle überwunden haben, die Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, die Energiekrise und die stockende weltweite Nachfrage ausgelöst haben. Im kommenden Jahr rechnen alle Wirtschaftsforscher wieder mit spürbarem Wirtschaftswachstum", sagte Scholz auf der Konferenz "Compact with Africa", eine unter der deutschen Präsidentschaft bei den 20 führenden Industrie- und Schwellenländern (G20) im Jahr 2017 ins Leben gerufene Initiative. "Und dennoch müssen wir uns eines zentralen Faktors bewusst sein, der es uns erschwert, unser volles Wachstumspotenzial auszuschöpfen.... Ich spreche vom Mangel an Arbeitskräften, der mit dem Renteneintritt von 13 Millionen so genannten 'Boomern' weiter zunehmen wird."

Während in Deutschland Arbeitskräfte fehlten, hätten viele Länder in Afrika einen hohen Anteil junger Menschen, die Arbeit suchten und die ihre Chancen nutzen wollten. Scholz verwies auf das deutsche Fachkräfteeinwanderungsgesetz, mit dem die Bundesregierung "das modernste Einwanderungsrecht" geschaffen habe, das es in Deutschland je gab. Man werde diese Möglichkeit zum Arbeiten in Deutschland flankieren durch Migrationspartnerschaften mit anderen Ländern, wie etwa mit afrikanischen Staaten.

Mit Sprachkursen oder gezielten Ausbildungsangebote wolle man die Voraussetzungen für eine Arbeitsaufnahme in Deutschland schaffen. "Im Gegenzug erwarten wir natürlich, dass Bürgerinnen und Bürger, die hier in Deutschland kein Bleiberecht haben, wieder in ihre Heimatländer zurückkehren können", sagte Scholz.

Afrikas riesige Potenziale

Der Bundeskanzler betonte, dass der "Compact with Africa" die zentrale Initiative der G20 sei, um das riesige Potenzial Afrikas noch weiter zur Entfaltung zu bringen. Diese Partnerschaft sei im Interesse beider Seiten. Globale Ziele, wie etwa in Sachen Klimaneutralität, Nachhaltigkeit und Resilienz der Volkswirtschaften, könnten in Europa "nicht ohne die Zusammenarbeit mit unseren afrikanischen Partnerinnen und Partnern erreichen werden", so Scholz.

Die westlichen Länder müssten Afrika zeigen, wie Wachstum, soziale und wirtschaftliche Entwicklung funktionieren könne, ohne das Klima und die Umwelt zu zerstören. Im Energiebereich könne auch Afrika von der geplanten Transformation zur Klimaneutralität profitieren.

"Erneuerbare Energien, klimafreundliche Technologien, der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft über Länder und Kontinente hinweg, wirtschaftliche Diversifizierung - all das birgt ein unglaubliches Potenzial für eine engere Zusammenarbeit zwischen uns und den wachsenden Ländern auf unserem Nachbarkontinent", sagte Scholz. Dies sei eine Zusammenarbeit "zum Wohl beider Seiten". Es gehe um eine "gerechte Energiewende", die man zusammen mit der EU und mit den afrikanischen Partnerländern voranbringen wolle. Für die "Africa-EU Green Energy Initiative" werden man bis 2030 4 Milliarden Euro zur Verfügung stellen werden, so Scholz.

Viele afrikanische Länder hätten deutlich größere Potenziale für erneuerbare Energien und die wettbewerbsfähige Produktion von Wasserstoff als Deutschland. "Ich bin überzeugt, dass es hier großartige Möglichkeiten für den Ausbau der Zusammenarbeit zwischen deutschen und afrikanischen Unternehmen gibt", so Scholz. Für die besonders gut aufgestellten afrikanischen Ländern böten sich hier große Chancen, Teil des Markthochlaufs in Deutschland und Europa zu werden.

Riesiges Potenzial durch engeren innerafrikanischen Handel

Scholz sprach sich auf dem Afrika-Gipfel zudem für einen engeren innerafrikanischen Handel aus. Es liege ein "riesiges Potenzial" darin, vergleichbare Standards und mehr Wachstum in allen afrikanischen Ländern zu erreichen durch die Ausweitung des innerafrikanischen Freihandels durch die "African Continental Free Trade Area", so Scholz. Hier entstünde gerade mit mehr als 50 Ländern und 1,3 Milliarden Menschen eine der größten Freihandelszonen der Welt damit die Chance zu größerer wirtschaftlicher Diversifizierung und zur Schaffung afrikanischer Wertschöpfungsketten.

"Eine funktionierende Freihandelszone wird gleichzeitig auch das Marktpotenzial für Investoren enorm erhöhen", sagte Scholz. Deutschland wolle dieses Zukunftsprojekt weiter eng begleiten und deswegen unterstütze die Bundesregierung die Verhandlungen und die Implementierung des Abkommens als größter Geber finanziell und mit Beratung. Auch die Europäische Union könne hier Beiträge leisten durch ihre Erfahrung mit der Schaffung eines Binnenmarkts.

DJG/aat/kla

zurück zur Übersicht