Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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Welt: Saudis und Russen punkten im Wettstreit um Ölkürzungen
Erscheinungsdatum Website: 29.09.2023 15:55:02
Erscheinungsdatum Publikation: 02.10.2023
Opec+ hat das Sagen / Von Anna Hirtenstein
LONDON (Dow Jones)--Saudi-Arabien und Russland haben in den vergangenen Monaten trotz eines geringeren Förderaufkommens zusätzliche Öleinnahmen in Milliardenhöhe eingefahren. Produktionskürzungen hatten die Rohölpreise in die Höhe getrieben. Diese entpuppten sich aber sowohl finanziell als auch politisch als riskante Strategie. Doch sie scheinen sich für die beiden wichtigsten Mitglieder der Organisation Erdöl exportierender Länder und ihre von Russland geführten Verbündeten, das Opec+-Kartell, auszuzahlen. Nach Berechnungen des Beratungsunternehmens Energy Aspects können Preiserhöhungen den Rückgang der Absatzmenge mehr als wettmachen.
Die Geldzuflüsse helfen Saudi-Arabien, teure inländische Projekte zu finanzieren und eine investitionsgesteuerte Kampagne zur Einflussnahme im Ausland fortzusetzen. Und die zusätzlichen Mittel stellen zum Leidwesen des Westens auch sicher, dass der russische Präsident Wladimir Putin seinen Krieg in der Ukraine fortsetzen kann.
Die Öleinnahmen des Scheichtums dürften in diesem Quartal im Vergleich zum Zeitraum April bis Juni um fast 30 Mio US-Dollar pro Tag geklettert sein, was einer Steigerung von etwa 5,7% entspricht, wie eine Analyse von Energy Aspects zeigt. Für den gesamten Dreimonatszeitraum entspräche das etwa einem Plus von 2,6 Mrd Dollar. Die Daten zeigen zudem, dass die russischen Einnahmen voraussichtlich um etwa 2,8 Mrd Dollar zulegen.
Eine Strategie zur Reduzierung der Produktion bleibt jedoch riskant, da ein großer Ölproduzent Marktanteile an konkurrierende Nationen verlieren kann. Dann wäre er mit einem starken Umsatzeinbruch konfrontiert, sofern die Angebotslücke keinen Preisanstieg auslöst. Und hohe Energiekosten sind in Washington unpopulär, da sie neuen Inflationsdruck auf die US-Wirtschaft ausüben könnten. Nach Schätzungen von Rystad Energy sind die Produktionskosten in Saudi-Arabien und Russland niedrig und lagen 2022 bei durchschnittlich 9,30 Dollar beziehungsweise 12,80 Dollar pro Barrel. Deshalb können die meisten Einnahmen aus Ölexporten in Gewinne umgewandelt werden.
Kürzlich verbot der Kreml den Export von Diesel sowie Benzin und schränkte damit die weltweite Energieversorgung ein. Die globalen Dieselpreise stiegen wegen Sorgen über knappere Mengen in einem ohnehin angespannten Markt sprunghaft. ?Dies zeigt, dass Russland erneut Energie als Waffe einsetzt?, klagt Helima Croft, Leiterin der Rohstoffstrategie bei RBC Capital Markets. Da die Märkte für Erdölprodukte ?unglaublich angespannt sind, gibt das wirklich Anlass zur Sorge?. Ein Streit zwischen dem Kreml und Ölkonzernen, darunter Rosneft, wegen Treibstoffknappheit war ein weiterer Faktor für das Verbot, berichtete das ?Wall Street Journal?.
Einige Ökonomen gehen immer noch davon aus, dass sich das Wachstum in Saudi-Arabien und Russland wegen der Produktionskürzungen verlangsamt. Aber das spiegelt größtenteils eine Eigenart bei der Berechnung des realen oder inflationsbereinigten Bruttoinlandsprodukts wider, wie Ökonom James Swanston von Capital Economics argumentiert. Dieses Maß für die Wirtschaftsleistung werde anhand von Mengen und nicht von Preisen berechnet.