Finanz- und Wirtschaftsspiegel

Der Newsletter "Finanz- und Wirtschaftsspiegel" informiert täglich über die Aktivitäten der internationalen Zentralbanken mit Schwerpunkt auf die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve und die Bank of Japan.

Alle außer Fed und BoJ straffen die Geldpolitik

Erscheinungsdatum Website: 15.09.2023 21:30:02
Erscheinungsdatum Publikation: 18.09.2023

zurück zur Übersicht

FRANKFURT (Dow Jones)--Gute Nachrichten für die Weltwirtschaft: Zentralbanken rund um den Globus entscheiden in der kommenden Woche über ihre Leitzinsen, und die wichtigste von ihnen, die Federal Reserve, dürfte ihre Zinsen unverändert lassen. Gleiches ist mit Blick auf die Bank of Japan (BoJ) zu erwartet, die letzte Lieferantin von Liquidität zum Nullzins. Alle anderen Zentralbanken dürften ihre Zinsen zwar anheben, aber bei einigen wird es wohl der letzte Schritt im aktuellen Zyklus sein.

Fed legt Pause bei Zinserhöhungen ein

Mehr als ein Jahr lang waren sich die Notenbanker der Federal Reserve einig, dass sie die Zinssätze lieber zu viel als zu wenig anheben sollten - so ernst schätzten sie die Gefahr einer anhaltend hohen Inflation ein. Das ändert sich jetzt. Einige Währungshüter ziehen es immer noch vor, die Zinssätze zu stark anzuheben, mit der Begründung, dass sie sie später wieder senken könnten. Andere Notenbanker sehen die Risiken aber inzwischen als ausgewogener an. Sie befürchten, dass eine Anhebung der Zinssätze einen Abschwung auslösen könnte, der sich als unnötig erweist, oder einen neuen Ausbruch von Finanzturbulenzen.

Für die anstehende Sitzung wird allgemein erwartet, dass die Fed eine weitere Zinspause eingelegt. Im Juni hatte sie bereits eine erste Pause gemacht, im Juli dann aber den Leitzins um weitere 25 Basispunkte auf eine Spanne von 5,25 bis 5,50% erhöht. Die Entscheidung über eine weitere Anhebung wird weitgehend davon abhängen, ob sich die Inflation in den kommenden Monaten weiter abschwächt. Die Notenbanker werden insbesondere die Kerninflation genau beobachten, um zu sehen, ob der zugrunde liegende Preisdruck nachlässt. Die Fed macht ihre Zinsentscheidung am Mittwoch (20.00 Uhr) bekannt. Um 20.30 Uhr beginnt die Pressekonferenz mit Fed-Chairman Jerome Powell.

SNB hebt Leitzins um 25 Basispunkte an

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfte ihre Geldpolitik dagegen - quasi im Windschatten der Europäischen Zentralbank (EZB) weiter straffen. Nicht dass sie sich von unveränderten EZB-Leitzinsen vom Unvermeidlichen hätte abhalten lassen - aber schöner ist es doch, wenn ein für notwendig gehaltener Zinsschritt von 1,75 auf 2,00% nicht zu einer deutlichen Aufwertung des Franken führt.

Seit der Zinsanhebung im Juni hat der Franken um gut 2,5% aufgewertet. Die Inflation in der Schweiz lag zuletzt bei nur 1,6%, was nach Euroraum-Maßstäben keinen erhöhten Handlungsdruck signalisiert. Aber erstens definiert die SNB Preisstabilität als eine Inflation zwischen 0 und 2%, und zweitens ist noch etwas Druck in der Pipeline: Analysten rechnen damit, dass der höhere hypothekarische Referenzzinssatzes für Mietverhältnisse ab 2024 zu Mietpreissteigerungen führen wird. Die geldpolitischen Entscheidungen werden am Donnerstag (9.30 Uhr) veröffentlicht.

Riksbank und Norges Bank heben Zinsen um 25 Basispunkte an

Überhaupt ist am Donnerstag geldpolitisch die Hölle los: Zusammen mit der SNB kommt die Zinsentscheidungen der schwedischen Riksbank. Sie dürfte ihre Zinsen ebenfalls um 25 Basispunkte auf 4,00% erhöhen. Grund ist der Teuerungsdruck, der noch höher als im Euroraum ist. Im August stiegen die Kernverbraucherpreise mit einer Jahresrate von 7,2%. Beobachter sind nicht sicher, wie es danach weitergeht. Manche rechnen mit keinen weiteren Schritten - auch, weil die Inflation zuletzt schneller als erwartet gesunken ist.

Eine halbe Stunde später (Donnerstag, 10.00 Uhr) steht das geldpolitische Statement der norwegischen Zentralbank an. Auch sie dürfte ihrer Zinsen anheben - und zwar ein letztes Mal in diesem Zyklus und um 25 Basispunkte. Die Norges Bank rechnet nach einer Umfrage unter ihren Kontakten in der Wirtschaft damit, dass sich das Wachstum im vierten Quartal auf 0,1% verlangsamen wird. Die Inflationsrate war im August überraschend deutlich zurückgegangen.

Bank of England strafft Geldpolitik trotz schwacher Wirtschaft

Ebenfalls am Donnerstag (13.00 Uhr) entscheidet die Bank of England (BoE) über ihre Leitzinsen. Nach 14 Zinserhöhungen in Folge scheint die BoE trotz schwacher Wirtschaftsdaten bereit, die Zinsen erneut anzuheben. Ökonomen rechnen mit einer Erhöhung um 25 Basispunkte auf 5,50%. Allerdings sind viele Experten der Meinung, dass ein solcher Schritt die letzte Erhöhung im aktuellen Zyklus sein wird.

Im jüngsten Protokoll bezeichnete der BoE-Rat den derzeitigen geldpolitischen Kurs als "restriktiv", und Gouverneur Andrew Bailey ergänzte diese Aussage, indem er sagte, dass der Rat dem "Höhepunkt des Zyklus" nun "viel näher" sei. Es ist dennoch zweifelhaft, ob der Rat bei dieser Sitzung in irgendeiner Weise eine Pause signalisieren wird. Vielmehr dürfte er sich seine Optionen für die Zukunft offen halten wollen.

Zeitgleich wird die Zinsentscheidung der türkischen Zentralbank erwartet. Alles andere als eine weitere substanzielle Anhebung der Leitzinsen wäre angesichts einer (offiziellen) Inflationsrate von 59% August und eines Wertverlustes der Lira seit Jahresbeginn von 43% ein Wunder.

Bank of Japan ändert vorsichtig den Kurs

Komplettiert wird der Reigen der Zinsentscheidungen in dieser Woche von der Bank of Japan (BoJ). Sie hat jüngst einige wichtige Kursänderungen in ihrer Geldpolitik eingeleitet. Sie toleriert nun höhere Renditen für japanische Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten, und Gouverneur Kazuo Ueda hat angedeutet, dass die Notenbank die negativen Zinssätze abschaffen könnte.

Die BoJ ist ein Sonderling unter den großen Zentralbanken der Welt, da sie die Zinsen nicht anhebt, um die Inflation zu bekämpfen. Die Anleger in aller Welt beobachten genau jede Änderung ihrer Geldpolitik der aktiven Kontrolle der Anleiherenditen. Für die anstehende Sitzung werden jedoch keine Änderungen in der Geldpolitik erwartet.

Die größte Frage ist derzeit, wann die BoJ die Negativzinsen aufheben könnte. Experten halten dies frühestens im Dezember für möglich. Ueda hat in einem Interview gesagt, dass die Notenbank "verschiedene Optionen" habe, sobald sie zuversichtlich sei, dass Japan nachhaltige Preissteigerungen bei wachsenden Löhnen erreicht habe. Dazu gehöre auch die Beendigung der Negativzinsen. Die BoJ erhebt einen Zins von 0,10% auf Einlagen von Geschäftsbanken.

DJG/hab/apo

zurück zur Übersicht