Märkte der Welt
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Wirtschaft trotzt den Skeptikern - beeindruckendes Wachstum von über 4%
Erscheinungsdatum Website: 19.04.2023 14:20:03
Erscheinungsdatum Publikation: 20.04.2023
Besonders beim Konsum brummt das Geschäft / Von Nathaniel Taplin
BEIJING (Dow Jones)--Ende 2020 und Anfang 2021 wurden die USA von Corona, ihrer uneinheitlichen Reaktion auf die Pandemie und von einer vielfach als desaströs empfundenen Politik heimgesucht. Manche Beobachter kamen zu dem Schluss, dass die Nation im wirtschaftlichen und politischen Niedergang feststeckt. Doch ein Jahr später, nachdem die USA die Pandemie und die damit verbundenen politischen Erschütterungen überstanden hatten, wächst es wieder stark und behauptet sich auf der Weltbühne. Etwas Ähnliches geschieht derzeit in China. Das chinesische Wachstum von 4,5% im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hat viele Ökonomen überrascht, die eher mit 4% gerechnet hatten.
Allerdings gibt es auch wichtige Unterschiede. Die chinesischen Haushalte haben nie große staatliche Schecks erhalten, so dass der derzeitige Konsumaufschwung zwar beeindruckend ist, aber wahrscheinlich nicht ganz so nachhaltig ausfällt wie der in den USA. Und die erheblichen strukturellen Schäden am chinesischen Wohnungsmarkt sowie bei Hightech, die den politischen Fehlentscheidungen der vergangenen zwei Jahre geschuldet sind, dürften fortbestehen. Zugleich bleibt die demographische Entwicklung eine Belastung.
All dies bedeutet jedoch nicht, dass China nach Bewältigung der Krise nicht eine Phase überdurchschnittlichen Wachstums erleben kann. Angesichts der starken Dynamik, die die Wirtschaft jetzt hat, und dank des niedrigen Basiseffekts im nächsten Quartal wegen des vorjährigen Lockdowns von Shanghai dürfte das Wachstum im zweiten Quartal deutlich zulegen.
Wie erwartet, waren die Zahlen zum Konsum in den ersten Monaten des Jahres am beeindruckendsten. Die Einzelhandelsumsätze verbesserten sich zuletzt im Jahresvergleich um 10,6%, nach nur 3,5% im Januar und Februar.
Aber auch der leidgeprüfte chinesische Wohnungsmarkt ist in besserer Verfassung, als es den Anschein hat. Obwohl sich die Investitionen im März erneut leicht abschwächten, was zum Teil zu erklären vermag, warum die Kohle- und Stahlpreise in letzter Zeit zurückgeblieben sind, legten die verkauften Wohnflächen im Jahresvergleich zum ersten Mal seit Juni 2021 zu - und die fertiggestellten Wohnflächen sprangen um 35% nach oben, nachdem sie im Januar sowie Februar um 10% zugelegt hatten und noch im November zweistellig eingebrochen waren.
In Anbetracht dieser Tatsache sowie der starken Erholung des heimischen Verbrauchs und der Reisetätigkeit ist es keine Überraschung, dass auch die Ölnachfrage wieder anspringt. Chinas hochgerechnete Erdölnachfrage - Raffineriebetrieb plus Nettoimporte von Erdölprodukten - kletterte nach Angaben des Datenanbieters CEIC im März gegenüber dem Vorjahr um fast 10%.
Das Feld, auf dem der Optimismus etwas fehl am Platze sein könnte, ist der Handel. Chinas Exporte haben im März zwar stark positiv überrascht, was zum Teil am aufkeimenden Handel mit Russland lag. Aber der offizielle Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes zeigt, dass sich das Wachstum der neuen Exportaufträge leicht verlangsamt hat. Auch die Produktion wichtiger exportbezogener Industriegüter wie Smartphones und Computer blieb im März schwach. Die Produktion ging im Vergleich zum Vorjahr um 6,7 beziehungsweise 21,6% zurück.