Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Enria: Europäische Bankenregulierung nicht härter als die der USA

Erscheinungsdatum Website: 28.03.2023 18:50:02
Erscheinungsdatum Publikation: 29.03.2023

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FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Bankenaufsichtschef Andrea Enria hat der Wahrnehmung widersprochen, dass europäische Banken härter als US-Banken reguliert werden. Enria sagte in einer Handelsblattkonferenz laut veröffentlichtem Redetext, zwar hätten die US-Behörden 2018 kleine und mittelgroße Banken vom Regelwerk des Baseler Ausschusses ausgenommen, doch gelte das nicht für die großen, global tätigen und systemrelevanten Institute (G-SIBs), deren Geschäftsmodell eher mit den europäischen vergleichbar seien.

"Die gewichtete durchschnittliche CET1-Eigenkapitalanforderung für EU-G-SIBs lag im vierten Quartal 2022 bei 10,6 Prozent. Für die US-G-SIBs lagen die CET1-Kapitalanforderungen mit 11,1 Prozent etwas höher." Enria zufolge gibt es allerdings viele Unterschiede bei den Arten von Risiken, die die Banken eingehen. "Wir wissen zum Beispiel, dass die Risikogewichte, die den Assets der europäischen Banken zugeordnet werden, tendenziell niedriger sind als die in den USA."

Auch den Vorwurf, die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhe laufend die individuellen Eigenkapitalanforderungen (Pillar 2 Requirements - P2R) wollte Enria nicht gelten lassen. "In der Tat ist die durchschnittliche P2R im Jahresvergleich bemerkenswert stabil geblieben", sagte er. Allerdings habe die EZB die P2R für einzelne Institute angehoben, die notleidende Kredite nicht ausreichend berücksichtigt oder viele Kredite an bereits hoch verschuldete Unternehmen ausgereicht hätten. Diese aufsichtlichen Ad-hoc-Maßnahmen seien aber vorübergehender Natur und würden rückgängig gemacht, wenn die Banken die erforderlichen Maßnahmen ergriffen.

Schließlich widersprach Enria der Einschätzung, dass die EZB ihre Eigenkapitalanforderungen durch die Hintertür und in unberechenbarer Weise erhöhe, indem sie die internen Modelle der Banken zur Berechnung der Risiko-Aktiva (RWA) prüfe. "Wir sind gesetzlich verpflichtet, den Banken die Verwendung interner Modelle nur dann zu gestatten, wenn sie die entsprechenden Anforderungen erfüllen", sagte der Bankenaufseher.

Durch die Umsetzung der endgültigen Basel-3-Reformen, die die Verwendung interner Modelle in mehreren Punkten einschränkten, dürfte die Aktivität der Aufsicht in diesem Bereich nachlassen. "Es liegt auch an den Banken, die Komplexität ihrer internen Modelle in den Fällen zu reduzieren, in denen die Modelle nicht zur Erreichung einer echten Risikosensitivität der Kapitalanforderungen für wesentliche Geschäftsbereiche, sondern nur zur Erzielung selbst sehr geringer regulatorischer Kapitaleinsparungen für Nicht-Kerngeschäfte eingesetzt werden", sagte Enria.

DJG/hab/sha

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