Märkte der Welt

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Seidenstraße-Initiative ist noch nicht abgeschrieben

Erscheinungsdatum Website: 11.01.2023 14:45:02
Erscheinungsdatum Publikation: 12.01.2023

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FDI in Lateinamerika steigen gegen den Trend / Von Megha Mandavia

BEIJING (Dow Jones)--Chinas Belt-and-Road-Initiative (BRI) ist ein Bündel gigantischer Infrastrukturprojekte in Asien und in Übersee. Bekannt wurde die Initiative unter dem Namen "Neue Seidenstraße". Nach 2010 wurde sie noch ehrgeizig vorangetrieben. In letzter Zeit aber scheint die Luft raus zu sein. Es ist noch zu früh, die Initiative ganz abzuschreiben. Dennoch war der Rückzug während der Pandemie vor allem in Asien bemerkenswert. Dort war ein Großteil der Mittel ursprünglich gebunden. In Lateinamerika wird die BRI jedoch nach wie vor rasch ausgebaut, zumindest was die ausländischen Direktinvestitionen betrifft. Selbst in einigen Krisengebieten wie Pakistan wird Beijing seine Megaprojekte wohl kaum aufgeben, wenn man bedenkt, wie viel dort bereits investiert wurde.

Das jüngste Beispiel interner Krisen ist das BRI-Hafenprojekt in der Distrikt-Hauptstadt Gwadar. "Nikkei Asia" berichtet, dass Demonstranten, die wegen der Hochseefischerei, der Sicherheitskontrollpunkte rund um den Hafen und anderer Dinge verärgert waren, Ende 2022 damit begannen, den Hafen zu blockieren. Das führte Ende Dezember zu einer Polizeirazzia. Auch gab es in den vergangenen Monaten immer wieder Meldungen, die von gewalttätigen Angriffen auf chinesische Staatsangehörige berichteten.

Eigentlich sollte Pakistan für China angesichts der gemeinsamen Geschichte des Konflikts mit Indien ein politisch einfaches Pflaster sein. Doch stattdessen ist das Land zu einem Symbol für die allgemeinen Probleme der BRI geworden: Viele Regierungen in Ländern mit niedrigem Einkommen sind sich nicht mehr sicher, ob sich solch teure Projekte lohnen. Sie fürchten die Verschuldung und den lokalen Widerstand, den sie oft hervorrufen. Hohe Zinssätze, fallende Schwellenländerwährungen und der wirtschaftliche Schaden durch die Pandemie haben die Skeptiker und Gegner der "Neuen Seidenstraße" gestärkt.

Es überrascht daher nicht, dass sowohl die Kreditvergabe der Volksrepublik an die BRI-Länder als auch die Direktinvestitionen in diesen Ländern in den vergangenen Jahren stark rückläufig waren. Zu diesem Ergebnis kommt die französische Bank Natixis, die Daten von Mergermarket und dem American Enterprise Institute ausgewertet hat.

Zum Teil spiegelt dies den weltweiten Rückgang der chinesischen Finanzierungen wider, da die meisten Volkswirtschaften einschließlich des Reichs der Mitte während der Pandemie mit Problemen zu kämpfen hatten. Chinas durchschnittliche jährliche FDI fielen von 2020 bis 2021 um 72% gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019. Die Direktinvestitionen in BRI-Länder gingen mit 62% nicht ganz so stark zurück.

Der Rückgang war jedoch nicht überall gleich. Die durchschnittlichen jährlichen FDI Chinas in lateinamerikanischen Ländern im Zeitraum 2020 bis 2021 hatten sich im Vergleich zum Fünfjahreszeitraum davor sogar vervierfacht, wie aus den Daten von Natixis hervorgeht. Ein Großteil dieser Investitionen entfällt auf Fusionen und Übernahmen lateinamerikanischer Staatskonzerne wie etwa Versorgungsunternehmen. Einige Regierungen in Lateinamerika, das laut Natixis von allen BRI-Regionen am stärksten unter der Pandemie litt, scheinen der Meinung zu sein, dass der direkte Verkauf von Vermögenswerten ein Weg sein kann, um nach den Rückschlägen durch Corona wieder finanziellen Spielraum zu gewinnen.

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