Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Lagarde bekennt sich zu digitalem Zentralbankgeld - Powell nicht

Erscheinungsdatum Website: 27.09.2022 20:35:02
Erscheinungsdatum Publikation: 28.09.2022

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FRANKFURT (Dow Jones)--Europa und die USA schlagen bei der Digitalisierung des Geldsystems unterschiedliche Wege ein. Während EZB-Präsidentin Christine Lagarde in einer von der Banque de France organisierten Podiumsdiskussion ein recht klares Bekenntnis zu einem von der Europäischen Zentralbank (EZB) emittierten digitalen Euro ablegte, äußerte sich Fed-Chairman Jerome Powell eher zurückhaltend und betonte die Rolle des Privatsektors. Grundsätzlich einig scheinen sich beide darin zu sein, dass das schon auf dem Markt befindliche private Konkurrenzprodukt, so genannte Stable Coins, strenger reguliert werden sollte.

Lagarde zufolge haben in einer EZB-Umfrage 50 Prozent der Befragten ein Interesse an digitalen Zahlungsmöglichkeiten bekundet. "Digitale Zahlungsmöglichkeiten sind sehr gefragt", sagte sie und warnte davor, diesen Weg ohne die Zentralbank zu gehen. "Wenn wir da nicht dabei sind, ... dann riskieren wir, die Rolle als Anker zu verlieren, die wir für viele Jahrzehnte gespielt haben", sagte sie.

Powell spricht von Prozess von "mindestens einigen Jahren"

Powell sagte: "Wir haben noch nicht beschlossen, weiterzumachen, und wir glauben, dass diese Entscheidung noch einige Zeit braucht." Am Ende benötige die Fed die Zustimmung der Regierung und des Kongresses, um ein digitales Zentralbankgeld schaffen zu können. "Wir betrachten das als einen Prozess von mindestens einigen Jahren."

Das gilt genau genommen ebenso für die EZB. Auch sie befindet sich noch in einer bis 2023 laufenden Prüfungsphase. EZB-Offizielle haben in letzter Zeit aber immer wieder die Vorteile eines digitalen Euro betont, so dass das nur noch eine Formsache zu sein scheint. Aber auch in Europa werden Parlament und EU-Kommission eine wichtige Rolle zu spielen haben.

Lagarde: Es gibt Player, die das System missbrauchen

Lagarde äußerte sich in der Diskussion sehr kritisch mit Blick auf Stable Coins - Zahlungsmittel, die mit bestehenden Währungen hinterlegt sind. "Es gibt Player, die das System missbrauchen, die so tun, als hätten sie liquide Assets, die hinter ihren Stable Coins stehen oder dass es sogar eine vollständige Hinterlegung gibt, aber die gibt es nicht und dann gibt es eine gewaltige Pleite", sagte sie unter Verweis auf die Terra-Pleite.

Der für das Projekt Digitaler Euro zuständige EZB-Direktor Fabio Panetta hatte kürzlich vor einer "Kolonisierung" des Geldsystems durch Stable Coins gewarnt.

Powell äußerte sich eher konstruktiv. Er sagte, dass Stable Coins "eine regulatorische Aufgabe" für die Behörden seien und dass die Zentralbank bei Geld die Quelle des Vertrauens sei. "Stable Coins borgen sich dieses Vertrauen vom dahinter stehenden Emittenten und in vielen Fällen handelt es sich um Dollar-Stable-Coins", sagte er und fügte hinzu: "Es wird Runs geben, wenn die Reserven nicht aus sehr hochwertigen Assets bestehen."

Powell: Fed für private Innovation auch mit Krypto-Bezug

Er sagte aber auch: "Die Fed favorisiert verantwortungsbewusste Innovation, darunter bei Dienstleistungen und Produkten mit Krypto-Bezug. Ziel der Regulierung muss es natürlich sein, ein Level Playing Field zu schaffen, das es uns erlaubt, die Früchte echter Innovation zu ernten und zugleich die Fallstricke einer Umgehung von Regulierung zu vermeiden."

Der Fed-Chairman wies darauf hin, dass es ein großes Interesse unter potenziellen Emittenten von Stable Coins gebe, die breite Öffentlichkeit zu erreichen und Retail-Payment-Dienstleistungen anzubieten. "Das ist aus regulatorischer Perspektive der wichtigste Punkt: Sollten Stable Coins auf diese Weise genutzt werden - viel breiter, viel öffentlicher, sollen sie sich von den Krypto-Plattformen wegbewegen, was ist die angemessene Struktur der Regulierung?", sagte Powell.

DJG/hab/jhe

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