Euro Intern

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EZB/Schnabel warnt Politik vor zu breiter Entlastung
Erscheinungsdatum Website: 23.09.2022 13:45:03
Erscheinungsdatum Publikation: 26.09.2022
FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Direktorin Isabel Schnabel hat die Regierungen des Euroraums davor gewarnt, ihre Bürger zu pauschal von den Wirkungen der hohen Energiepreise zu entlasten. "Entlasten die Regierungen die breite Masse der Bevölkerung, kann das die Nachfrage anregen und die Inflation weiter erhöhen. Dann müssten wir die Zinsen womöglich noch stärker anheben", sagte Schnabel der Website T-Online. Aus politischer Sicht möge es vorteilhaft sein, einen großen Teil der Wählerschaft mit einem Entlastungspaket zu begünstigen. "Dennoch sollten wir immer im Hinterkopf behalten: Langfristig müssen diese Kosten gemeinsam getragen werden", gab sie zu bedenken.
Schnabel zufolge sollte die Politik außerdem Lenkungseffekte der Preise nicht außer Acht lassen. "Höhere Energiepreise helfen letztlich dabei, unabhängiger von fossilen Energieträgern zu werden und somit die gesteckten Klimaziele zu erreichen", sagte sie. Außerdem seien Investitionen notwendig, um den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen. "Bei den staatlichen Hilfspaketen ist es wichtig aufzupassen, dass diese die Inflation nicht noch weiter anheizen."
Schnabel räumte ein, dass die Europäische Zentralbank (EZB) möglicherweise zu spät mit der Erhöhung der Zinsen begonnen habe - sie sei nun aber auf dem richtigen Weg. "Ich gehe davon aus, dass der EZB-Rat in seiner nächsten Sitzung die Zinsen weiter anheben wird. Wie groß dieser Zinsschritt sein wird und bis zu welchem Niveau wir die Zinsen anheben werden, kann ich derzeit nicht sagen", sagte sie. Die EZB fahre auf Sicht und bewerte die Konjunktur- und Inflationsdaten vor jeder Sitzung aufs Neue.
Schnabel wies darauf hin, dass "ein drohender Abschwung" die Inflation dämpfen würde. "Das berücksichtigen wir natürlich bei unseren Zinsentscheidungen. Das Ausgangsniveau der Zinsen ist aber sehr niedrig. Daher ist klar: Wir müssen die Zinsen weiter erhöhen", sagte sie.
DJG/hab/smh/26.09.2022