Märkte der Welt

Der Newsletter "Märkte der Welt" enthält - nach Regionen gegliedert - wöchentliche Zusammenfassungen und Hintergrundanalysen der wichtigsten Nachrichten zur Außenwirtschaft sowie Informationen zu Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen unterschiedlichster Branchen. Zudem sind weiterführende Kontaktadressen mit Ansprechpartnern angegeben. Die Berichterstattung wird durch das weltweite Netz der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) unterstützt und ist mit Grafiken und Charts angereichert.

Ein Warnschuss der OPEC+ für die G7

Erscheinungsdatum Website: 07.09.2022 15:10:03
Erscheinungsdatum Publikation: 08.09.2022

zurück zur Übersicht

Moskau macht Ernst / Von Rochelle Toplensky

WIEN (Dow Jones)--Russland nutzt sein Erdgas, um Europa zu bestrafen. Öl wurde bislang noch nicht mit solcher Härte als Waffe eingesetzt, doch die Diskussion um die Auferlegung einer Preisobergrenze durch die Käufer erhöht das Risiko, dass es so weit kommen könnte. Die Organisation der erdölexportierenden Länder und die von Moskau angeführten Verbündeten haben am Montag beschlossen, ihre Fördermenge ab Oktober um 100.000 bpd zu reduzieren. Seit Russlands überfall auf die Ukraine waren das Kartell und insbesondere Saudi-Arabien bemüht, eine weitgehend neutrale Haltung zwischen seinen wichtigsten Partnern in Moskau und im Westen zu wahren.

Die Entscheidung vom Montag, die den Forderungen der USA nach einer höheren Fördermenge zuwiderläuft, könnte lediglich eine Reaktion auf die unsichere weltweite Ölnachfrage sein. Aber es gibt auch eine Interpretation, die Sorgen macht: Die OPEC könnte damit eine Warnung aussenden, dass westliche Bemühungen, die russischen Rohölpreise zu deckeln, mit Vergeltungsmaßnahmen beantwortet werden, wenn sie die preisbestimmende Macht des Kartells bedrohen.

Derweil macht Moskau ernst: Der jüngste Schritt - die Unterbrechung der Gaslieferung durch die wichtige Nord-Stream-1-Pipeline auf unbestimmte Zeit - ließ die europäischen Benchmark-Preise am Montag in die Höhe schnellen. Bislang blieb Öl von solchen Manövern relativ unbeeindruckt. Da es leichter zu transportieren ist als Gas, haben sich die weltweiten Rohöllieferungen als Reaktion auf die westlichen Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs größtenteils nur verlagert. Mehr russisches Öl fließt nun nach Indien und China, während Europa verstärkt in Afrika und den USA einkauft.

Dieses labile Gleichgewicht ist gefährdet. Die G7-Staaten kündigten einen Plan zur Einführung einer Preisobergrenze für russisches Öl an. Sollte die Vereinbarung erfolgreich umgesetzt werden, könnte eine Käuferallianz entstehen, die einen gewissen Einfluss auf die weltweiten Rohölpreise hat. Die OPEC könnte darin eine ernsthafte Herausforderung für ihre Preissetzungsmacht sehen und zu Vergeltungsmaßnahmen greifen. Bisher scheint die G7-Vereinbarung eher ein politisches Signal als ein substanzieller Einschnitt zu sein. Russisches Öl wird seit Monaten mit einem erheblichen Abschlag auf den Weltmarktpreis gehandelt.

Die vorgeschlagene Preisobergrenze wird in erster Linie durch Beschränkungen für westliche Unternehmen durchgesetzt, die derzeit Rohöltransporte versichern oder finanzieren. Der Haken dabei: Dieses Geschäft kann im Laufe der Zeit auf nicht-westliche Lieferanten verlagert werden. Um eine signifikante und dauerhafte Wirkung zu erzielen, müssten Indien und China mitziehen, was unwahrscheinlich erscheint. Es gibt auch noch andere Gründe für die OPEC, Lieferkürzungen in Betracht zu ziehen. Die Ölpreise sind in den letzten drei Monaten um 25% gefallen und könnten weiter sinken, wenn sich die europäische Wirtschaft stärker abkühlt oder China wegen Corona weitere Lockdowns anordnet. Auch könnte ein Abkommen mit dem Iran das weltweite Ölangebot erhöhen. Die Ankündigung der OPEC vom Montag allein dürfte an der Versorgungslage nicht viel ändern, da das Kartell bereits jetzt etwa 3 Mio bpd weniger als die angegebene Quote produziert.

zurück zur Übersicht