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Habeck kontert unsichere russische Gaslieferungen mit Einsparplan

Erscheinungsdatum Website: 22.07.2022 19:05:31
Erscheinungsdatum Publikation: 25.07.2022

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BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat ein weiteres Paket zum Einsparen von Gas vorgestellt. Er bestätigte zudem, dass die Vorgaben für die Befüllung von Gasspeicher verschärft und Braunkohlekraftwerke zum 1. Oktober aktiviert werden. Außerdem soll in öffentlichen Gebäuden Gas eingespart und die Heizungslagen in Unternehmen und Privathaushalten überprüft werden. Die Bundesnetzagentur hält zudem ein Einsparziel von 20 Prozent Gas für notwendig, damit eine Gassmangellage mit weitreichenden staatlichen Eingriffen vermieden werden kann. Habeck warf außerdem Russland Erpressung in der aktuellen Energiekrise vor.

"In der Tat nutzt Russland seine große Macht, eine zu große Macht, die wir Russland gegeben haben, um Europa und Deutschland zu erpressen und erweist sich jeden Tag als unsicherer", erklärte Habeck.

Die Lage bleibe angespannt, deshalb verstärke Deutschland die Anstrengungen. "Der Gasverbrauch muss weiter runter, die Speicher müssen voll werden. Daran sollten wir mit vereinten Kräften arbeiten", sagte Habeck. "Wir werden einen langen Atem brauchen. Denn wir müssen nicht nur diesen Winter, sondern auch den folgenden mitdenken."

Zwar sei Deutschland in großen Schritten dabei, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren, aber es sei jetzt schon absehbar, dass das Jahr 2023 noch anspruchsvoll sein werde. "Gas bleibt ein knappes Gut und entsprechend sorgsam sollten wir damit umgehen", so Habeck.

Gasspeicher sollen zum November zu 95 Prozent voll sein

Zuvor war nach einem zehntägigen Lieferstopp aufgrund von Wartungsarbeiten wieder Gas durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 geflossen. Allerdings liegt die Auslastung lediglich bei 40 Prozent der möglichen Kapazitäten und damit in etwa auf dem Niveau vor den regulären Wartungsarbeiten. Laut Bundesregierung ist eine volle Kapazitätsauslastung möglich.

"Die geringere Auslastung bei rund 40 Prozent spricht daher eine klare politische Sprache und bestätigt, dass wir uns auf Lieferungen nicht verlassen können", sagte Habeck.

Die Bundesregierung erhöht daher die Vorgaben für die Füllstände der Gasspeicheranlagen, um damit besser über den Winter zu kommen. Zum 1. Oktober sollen diese bei 85 statt zuvor 80 Prozent und am 1. November bei 95 statt der zuvor geplanten 90 Prozent liegen. Am 1. September sollen die Speicherstände zudem bei 75 Prozent liegen nach 65 Prozent zum 1. August.

Drei Elemente des Sparpakets

Das von Habeck präsentieren Energiesicherungspaket hat drei Elemente. Neben dem ersten Element der höheren Befüllung von Gasspeichern ist eine Reduktion von Erdgas für die Stromerzeugung vorgesehen.

Dieses zweite Element sieht vor, dass nach der bereits beschlossenen Reaktivierung von Steinkohlekraftwerken nun auch Braunkohlekraftwerke an den Strommarkt zurückkehren und Erdgaskraftwerke ersetzen können. Darüber hinaus sollen Transportkapazitäten für die Brennstoffversorgung auf der Schiene sichergestellt werde und erneuerbaren Energien einen stärkeren Beitrag leisten, um Erdgas aus dem Strombereich zu verdrängen. Außerdem soll insbesondere die Biogaserzeugung ausgeweitet werden. Damit Solaranlagen ebenfalls mehr Strom einspeisen können, ist angestrebt, die 70 Prozent-Kappungsregel für Bestandsanlagen zu streichen.

Als drittes Element sind Effizienz- und Einsparmaßnahmen vorgesehen. Ziel ist, dass der Gasverbrauch auch in Betrieben, Bürogebäuden und privaten Haushalten sinkt. Laut dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, ist es notwendig, dass Deutschland 20 Prozent an Gas einspart, um schärfere staatliche Eingriffe gemäß des Notfallplans Gas zu vermeiden. "Dann können wir davon ausgehen, dass wir diese (Gas-)Mangel vermeiden und genug Gas haben, um auch durch den zweiten Winter zu kommen", sagte Müller auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Habeck.

Energieeinsparungen in Unternehmen sollen laut den Plänen verbessert werden. Unternehmen, die ein Energie- und Umweltmanagementsystem eingeführt haben, sollen solche Energiespar-Maßnahmen umsetzen, die sich innerhalb von zwei Jahren wirtschaftlich rechnen. Betroffen wären hiervon grundsätzlich große Unternehmen mit hohen Energieverbräuchen von mehr als 10 Gigawattstunden, die beispielsweise gesetzliche Privilegien beim Spitzenausgleich im Rahmen der Stromsteuer oder zur Vermeidung von Carbon-Leakage in Anspruch nehmen.

Damit der Energieverbrauch sinkt, empfiehlt das Ministerium außerdem, Flure, große Hallen, Foyers oder Technikräume wenn möglich nicht mehr zu heizen. Mieter sollen mehr Spielraum zum Energiesparen bekommen. So soll vorübergehend die vertragliche Verpflichtung ausgesetzt werden, nach dem eine Mindesttemperatur in gemieteten Räumen aufrechtzuerhalten ist. Zu den weiteren Einsparungen gehört auch das Verbot, private Swimmingpools mit Gas zu beheizen.

DJG/aat/jhe/25.07.2022

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