Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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Welt: Wie Afrika den Wettbewerb zwischen Europa und China wahrnimmt
Erscheinungsdatum Website: 23.06.2022 15:05:35
Erscheinungsdatum Publikation: 24.06.2022
Volksrepublik punktet bei schnellen Entscheidungen
POTSDAM (NfA)--In den vergangenen fünfzehn Jahren hat sich China als bedeutender Partner und Investor in Afrika positioniert. Bei Infrastrukturprojekten und dem Handel mit Rohstoffen hat die Volksrepublik Europa als wichtigsten Partner auf dem Kontinent verdrängt. Dieser neue Wettbewerb stellt die europäische Handels-, Investitions-, und Entwicklungspolitik in Afrika auf den Prüfstand. Um die unterschiedlichen Strategien Europas und Chinas und ihre Wahrnehmung auf dem afrikanischen Kontinent besser zu verstehen und Empfehlungen für die europäische Politik zu entwickeln, hat der Global Partnership Hub der Friedrich-Naumann-Stiftung in Nairobi Entscheidungsträger in Afrika befragt.
Die afrikanischen Umfrageteilnehmer halten der europäischen Afrikapolitik den Spiegel vor. Sie entlarven unsere paternalistische und romantische Sicht auf Afrika. Dem Glauben Europas an die Überlegenheit der eigenen Werte steht der nüchterne Blick der Afrikaner auf die Leistungen und das Verhalten der beiden Partner gegenüber?, sagt Stefan Schott, Projektleiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Ostafrika. „Einfach gesagt: Eine Straße, die nach kurzer Bauzeit durch die Chinesen fertiggestellt wird, ist in der Wahrnehmung der Afrikaner auch ein Wert - und konkreter als manch europäisches Projekt zur Förderung von Demokratie, Menschenrechten oder Nachhaltigkeit.?
Im Vorteil sehen die Umfrageteilnehmer China insbesondere beim Treffen von schnellen Entscheidungen. 75,2% bewerten das Reich der Mitte in dieser Hinsicht positiv. Für die Europäische Union sind es nur 55,8%. Auch die zeitige Fertigstellung von Projekten durch China wird von vielen als Stärke eingeschätzt: 81,1% positive Stimmen gegenüber 69,4 für die EU. Ebenso besticht die Volksrepublik durch Nicht-Einmischung in die internen Angelegenheiten der afrikanischen Staaten: 64,4% positive Antworten für China stehen 50,1% für die Europäische Union gegenüber. Nach Einschätzung der Teilnehmer hat das Reich der Mitte gleichzeitig weniger Skrupel beim Einsatz von Korruption. 55,2% glauben, dass China diese als Werkzeug einsetzt. Immerhin 32,5% denken das auch von der Europäischen Union.
Den wahrgenommenen Stärken des Reichs der Mitte stehen viele Aspekte der Zusammenarbeit gegenüber, bei denen die Umfrageteilnehmer die EU im Vorteil sehen. Die Qualität der gelieferten Produkte oder Leistungen (93,5% positive Stimmen für die EU im Vergleich zu 67,9 für China), die Arbeitsbedingungen (70,5 vs. 55,7), die Beschäftigung von lokalen Arbeitskräften und Schaffung von Jobs für Afrikaner (84,8 vs. 71,7), die Beachtung von Umweltstandards (82,5 vs. 58,5) oder die Behandlung von Afrikanern als gleichberechtigte Partner (61,3 vs. 51,4).
China setzt auf große, materielle Projekte, während sich Europa in Afrika auf kleinteilige und oft abstraktere Vorhaben konzentriert?, erklärt James Shikwati, Gründer und CEO von IREN. So ist China führend bei der Realisierung großer Bauvorhaben. Die chinesischen Staatsunternehmen haben die Karte Afrikas neu gezeichnet - mit Schienen, Straßen, Brücken, Häfen, Staudämmen und Wolkenkratzern.