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Scholz: Müssen uns Russland entschlossen entgegenstellen

Erscheinungsdatum Website: 06.05.2022 19:10:03
Erscheinungsdatum Publikation: 09.05.2022

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HAMBURG (Dow Jones)--Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Russland wegen seines brutalen Angriffskriegs in der Ukraine revanchistische, imperiale und expansiven Ideologien vorgeworfen, denen man sich entschlossen entgegen stellen müsse. Gleichzeitig habe dieses russische Vorgehen die westliche Staatengemeinschaft enger zusammengebracht. Auf diese Einigkeit sollte man nun aufbauen, um gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen für die Staatengemeinschaft in Wirtschafts- und Klimafragen zu finden, wie Scholz in einer Rede in Hamburg erklärte.

"Ja, Russlands Aggression gegen die Ukraine ist die größte Katastrophe unserer Zeit. Aber zugleich hat dieser Krieg eine völlig neue Entschlossenheit und Einigkeit der westlichen Demokratien hervorgebracht", so Scholz laut vorab verbreitetem Redetext anlässlich des Großen Übersee-Tages und 100. Jubiläums des Übersee-Clubs Hamburg. "Diese Entschlossenheit werden wir uns bewahren! Auf dieser Einigkeit werden wir aufbauen. Dann wird vieles möglich, was bis vor kurzem noch unmöglich erschien. Und dann liegen unsere besten Jahre immer noch vor uns."

Der Hass des russischen Präsidenten Wladimir Putins auf die freiheitliche Ukraine sei größer als sein Interesse an der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung seines eigenen Landes. Die brutale Aggression gegen die Ukraine "richtet sich auch gegen jegliche ökonomische Vernunft", so Scholz. Putin dürfe den Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht gewinnen und werde ihn auch nicht gewinnen. "Kommt Putin damit durch, dann droht internationale Regellosigkeit. Schon allein deshalb darf Russland nicht die Oberhand behalten. Darum reagieren wir gemeinsam mit unseren Verbündeten und Partnern so entschlossen und so geschlossen auf die neue Lage", so Scholz. Indem man der Ukraine helfe, ihre Demokratie und ihre Freiheit zu verteidigen, verteidige man zugleich die eigene Demokratie und Freiheit.

Ökonomischen Konsequenzen der Zeitenwende

Gleichzeitig markiere Russlands "grausamer Angriffs- und Vernichtungskrieg" mitten in Europa eine Zeitenwende, bei der man nicht mehr zum Status quo ante zurückkönne, wie Scholz betonte. "Die Welt nach diesem Angriffs- und Vernichtungskrieg wird nicht mehr dieselbe sein wie davor. Sie ist es schon jetzt nicht mehr." Eine ökonomische Konsequenz aus der Zeitenwende ist laut Scholz, die strategischen Abhängigkeiten zu reduzieren. Er will mehr wirtschaftliche Resilienz erreichen, indem Krisen aus eigener Kraft gemeistert werden. Nötig sei außerdem eine stärkere Diversifizierung bei Deutschlands Energieversorgung und anderen strategisch wichtigen Importen und Investitionen.

Außerdem gehe es nicht darum, sich für eine "Deglobalisierung" zu entscheiden, denn dieser Weg werde nicht die Probleme der Zeit lösen. Vielmehr müsse man die Globalisierung in der Zusammenarbeit mit den anderen Staaten besser und gerechter machen. Dies gelte bei der globalen Ernährungssicherheit, aber auch in Wirtschafts- und Klimafragen. "Kluge, nachhaltige und solidarische Globalisierung - so ein Leitbild kann Orientierung und Richtung geben - was es wert ist, das erweist sich in der Wirklichkeit", so Scholz. "Diese Wirklichkeit zu verbessern gelingt nur durch internationale Zusammenarbeit." Gemeinsam gelte es Verknappung von Lebensmitteln und Energie, die Engpässe in den Lieferketten, die drastischen Preissteigerungen zu bekämpfen.

Kommen ohne globale Zusammenarbeit beim Klimaschutz nicht weiter

In Klimafragen reiche es zudem auch nicht, wenn alleine die sieben größten Industriestaaten der Welt (G7) fänden, dass es höchste Zeit sei, Klimaneutralität anzustreben und Emissionen einzuschränken. "Das allein würde nur zu Carbon Leakage führen - dazu, dass besonders heftig CO2-emittierende Unternehmen in Länder mit laxer Klimapolitik abwandern", warnte Scholz. "Also brauchen wir internationale Partner weit über die G7 hinaus, die sich wie wir einer ehrgeizigen Klimapolitik verschreiben."

Ein zentrales Ziel der deutschen G7-Präsidentschaft in diesem Jahr sei es deshalb, deutliche Fortschritte hin zu einem internationalen Klimaclub zu machen. Dieser stehe allen Staaten offen, die sich auf bestimmte Mindeststandards verpflichten. "Möglichst alle sollen mitmachen, weil wir ohne die Zusammenarbeit zwischen großen Emittenten, Schwellen- und Entwicklungsländern beim Klimaschutz nicht weiterkommen", so Scholz.

So wolle man den Wettbewerb um die laxesten Regeln beenden und stattdessen faire, klimafreundliche Wettbewerbsbedingungen schaffen. Dafür sei mehr Kooperation, mehr Allianzen, mehr globale Zusammenarbeit und nicht weniger nötig.

DJG/aat/cbr/09.05.2022

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