Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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OECD ändert BIP-Prognosen kaum - Aufwärtsrisiken für Inflation

Erscheinungsdatum Website: 01.12.2021 16:50:03
Erscheinungsdatum Publikation: 02.12.2021

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FRANKFURT (Dow Jones)--Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ihre Prognosen für das Weltwirtschaftswachstum kaum geändert, sieht aber verstärkte Aufwärtsrisiken für die Inflation. Wie aus ihrem aktuellen Wirtschaftsausblick hervorgeht, sieht sie die starken Ungleichheiten bei der Bekämpfung des Corona-Virus mit großer Sorge, wobei sie die neu aufgetauchte Omikron-Variante nicht erwähnt. Die OECD prognostiziert für die Jahre 2021 bis 2023 einen Anstieg des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,6 (September-Update: 5,7), 4,5 (4,5) und 3,2 Prozent. Allerdings wurden die Prognosen für China, die USA und den Euroraum gesenkt.

Die OECD prognostiziert einen Anstieg des US-BIP von nur noch 5,6 (6,0), 2,7 (3,9) und 2,4 Prozent, ohne dies genauer zu begründen. Im Mai hatte die OECD für 2021 sogar noch 6,9 Prozent Wachstum vorausgesagt. In dem Bericht heißt es lediglich, dass die in der akuten Krise ergriffenen Unterstützungsmaßnahmen der Regierung nun ausliefen, was das Wachstum dämpfe. Der Sparüberhang bei Konsumenten und Unternehmen dürfte das Wachstum jedoch noch einige Quartale stützen. Den Wachstumseffekt der übrigen staatlichen Ausgabenpläne für Ausbildung, Kinderbetreuung, Gesundheitsvorsorge und Klima veranschlagt die OECD mit jährlich nur 0,3 Prozent des BIP.

Immobilienmarkt trübt Chinas Wachstumsaussichten

Auch die Senkung der chinesischen Wachstumsprognose fällt relativ deutlich aus: Die OECD erwartet BIP-Anstiege von 8,1 (8,5), 5,1 (5,8) und 5,1 Prozent. "Die Zahlungsunfähigkeit eines großen Immobilienunternehmens erschüttert die Finanzmärkte und das Vertrauen in den Sektor, wodurch die Immobilieninvestitionen, ein wichtiger Wachstumsmotor, geschwächt werden", befindet die OECD. Auch die Aussichten für Investitionen im verarbeitenden Gewerbe hätten sich aufgrund vorübergehender Stromausfälle in vielen Provinzen verschlechtert.

Verglichen damit blieben die Prognosesenkungen für den Euroraum moderat und beruhten maßgeblich auf Deutschland. Erwartet werden nun BIP-Anstiege von 5,2 (5,3), 4,3 (4,6) und 2,5 Prozent. Die OECD weist darauf hin, dass sich das Wachstum der raschen Wiederaufnahme der Wirtschaftstätigkeit aufgrund von Engpässen in der Lieferkette, insbesondere im Bau- und Transportsektor, verlangsamt habe.

OECD sieht Euroraum-Inflation 2023 bei 1,8 Prozent

Die OECD rechnet damit, dass die Inflation im Euroraum 2022 und 2023 bei 2,7 und 1,8 Prozent liegen und schon Ende 2022 auf unter 2 Prozent fallen wird. Die Kerninflationsrate sieht sie bei jeweils 1,8 Prozent. Mit Blick auf die weltweite Entwicklung überwiegt laut OECD allerdings das Risiko, dass die Inflation weiterhin positiv überrascht und die großen Zentralbanken gezwungen sind, die Geldpolitik früher und in größerem Umfang als geplant zu straffen.

Unter den Euro-Ländern traut die OECD Deutschland 2,9 (2,9), 4,1 (4,6) und 2,4 Prozent Wachstum zu, Frankreich 6,8 (6,3), 4,2 (4,9) und 4,1 Prozent und Italien 6,3 (5,9), 4,6 (4,1) und 2,6 Prozent.

Deutschlands Wirtschaft leidet unter niedriger Impfbereitschaft

"Die Erholung wird durch Engpässe bei wichtigen Produktionsfaktoren behindert, wenngleich ein großer Bestand an unerledigten Aufträgen auf ein starkes Potenzial für einen Aufschwung zu dem Zeitpunkt hindeutet, wenn die Versorgungsengpässe nachlassen", heißt es zu Deutschland. Die Organisation weist darauf hin, dass die deutsche Impfquote mit 67 Prozent Mitte November deutlich unter dem europäischen Schnitt gelegen habe. "Der private Verbrauch wird sich wegen der Zunahme der Covid-19-Fälle kurzfristig verlangsamen, wird aber 2022 durch den Nachholbedarf, einen starken Arbeitsmarkt und eine Normalisierung der Aktivität im Dienstleistungssektor wieder steigen", prognostiziert die OECD.

Frankreichs Wachstumsaussichten profitieren laut OECD von der beschleunigten Impfkampagne und niedrigeren Infektionszahlen, die die Erwerbsbeteiligung über ihr Vor-Corona-Niveau gehoben hätten. Italiens Wachstumsaussichten werden demnach von der Fiskalpolitik, darunter den aus dem Programm "Next Generation EU" stammenden Mitteln gestützt.

OECD warnt vor immer neuen Corona-Virenstämmen

Die OECD sieht in den großen weltweiten Unterschieden bei Corona-Impfungen eine große Gefahr. Sie schreibt: "Unsere Hauptsorge sind die globalen Gegensätze bei Infektionszahlen, Krankenhauskapazitäten und Impfquoten. Das schlimmste Szenario ist, dass Gebiete mit niedrigen Impfquoten zu Brutstätten für tödlichere Virusstämme werden, die dann Leben und Lebensgrundlagen zerstören." Selbst in harmloseren Szenarien könnten anhaltende Ausbrüche des Coronavirus die Mobilität in einigen Regionen und über die Grenzen hinweg einschränken.

DJG/hab/mgo

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