Märkte der Welt

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Für die Fed spielt Inflation keine Rolle ... vorerst

Erscheinungsdatum Website: 15.09.2021 14:10:02
Erscheinungsdatum Publikation: 16.09.2021

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Die Gefahr einer Verstätigung ist real / Von Justin Lahart

WASHINGTON (Dow Jones)--In der Zinspolitik der US-Notenbank Fed spielt die aktuelle Inflation eine weitaus geringere Rolle als jene, die im nächsten Frühjahr zu beobachten sein wird.

Derzeit ist der Preisauftrieb in den USA ziemlich stark. Das Arbeitsministerium meldete am Dienstag, dass der Verbraucherpreisindex im August saisonbereinigt um 0,3% gegenüber Juli gestiegen ist und damit 5,3% über dem Vorjahresniveau lag. Die Kerninflation, bei der die Preise für Lebensmittel und Energie nicht berücksichtigt werden, lag um 4% über dem Vorjahresniveau.

Ein vom Handelsministeriums genutzter Maßstab, den auch die Fed bevorzugt, lässt zwar die Teuerung etwas gemäßigter erscheinen, aber auch hier deutet der jüngste Report darauf hin, dass sie deutlich über den von der Zentralbank angestrebten 2% lag.

Gleichwohl hat die Inflationsrate vom August momentan wenig Einfluss auf die kurzfristigen Pläne der Fed. Die Notenbanker scheinen die Weichen dafür gestellt zu haben, nach der Novembersitzung die monatlichen Anleihekäufe zu reduzieren und diese bis Mitte nächsten Jahres ganz zu beenden. Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Inflation bis November entweder massiv abkühlt oder beschleunigt, so dass das einzige, was den Startschuss für das Tapering noch verzögern könnte, ein wirklich schlechter Arbeitsmarkt-Bericht wäre.

Beginnen will die Fed demnächst mit dem Tapering auch deshalb, weil sie nicht auch dann noch Anleihen aufkaufen möchte, wenn sie ihre Zinserhöhungen einleitet. Je früher die Zentralbank also ihre Anleihekäufe beendet, desto eher hat sie die Möglichkeit, die Zinssätze anzuheben.

Ob sie dies nach dem Abschluss des Tapering tatsächlich tut, wird weitgehend davon abhängen, wie sich die Preise dann entwickeln. Und deshalb stellt sich an diesem Punkt die Frage, inwieweit der jüngste Anstieg der Verbraucherpreise nur vorübergehender Natur ist.

Der Bericht vom Dienstag hat gezeigt, dass einige der pandemiebedingten Effekte, die die Preise zuletzt in die Höhe schnellen ließen, allmählich abklingen. So sanken die Preise für Gebrauchtwagen im August gegenüber Juli um 1,4%. Ein weiterer Preisrückgang scheint überdies zu erwarten. Wer einen Mietwagen brauchte, zahlte sogar 8,5% weniger.

Noch weitere Preise könnten sich abkühlen, bis im Frühjahr die Debatte über das richtige Zinsniveau akut wird. Der weltweite Mangel an Chips, der bisher und aktuell die Produktion von Autos und anderen Produkten beschränkt, dürfte sich bis dahin entspannt haben. Das Gleiche sollte für andere Lieferengpässe gelten, die sich bislang in steigenden Preisen niederschlugen.

Aber selbst dann, wenn die Welt von Covid-19 genesen ist, könnten einige der pandemiebedingten Friktionen fortbestehen. Außerdem dürften die Schwierigkeiten der Arbeitgeber Stellen zu besetzen, die Löhne weiter in die Höhe treiben. Und diese höheren Arbeitskosten könnten sich ebenfalls in der Preisentwicklung niederschlagen.

Wenn das Tapering einmal abgeschlossen ist, ändert sich das Risiko: Die Fed wird womöglich nicht mehr darüber debattieren, ob sie die Zinsen anheben soll, sondern wie heftig sie das tut.

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