Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Verbände und Ökonomen warnen vor Vermögensteuer

Erscheinungsdatum Website: 14.09.2021 19:10:03
Erscheinungsdatum Publikation: 15.09.2021

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BERLIN (Dow Jones)--Wirtschaftsverbände und Ökonomen haben vor der Bundestagswahl vor den schädlichen Folgen einer Vermögensteuer gewarnt. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erklärte, sie würde nicht nur sehr teuer, sondern auch den Unternehmen Anreize zu Investitionen nehmen. Außerdem würde die Vermögensungleichheit sich kaum verringern, so das IW. Eine Umfrage unter den 1.160 Mitgliedern der Wirtschaftsverbände Die Familienunternehmer und Die Jungen Unternehmer ergab, dass drei Viertel der Firmen ihre Investitionen in Deutschland zurückstellen würden.

"Wer sich erhofft, die Vermögensteuer sei die Lösung für alle finanziellen Ungleichheiten in unserer Gesellschaft, wird von ihr enttäuscht werden. Sie könnte durch ihre Wirtschaftsfeindlichkeit eher soziale Probleme verschärfen", sagte IW-Studienautor Martin Beznoska.

In ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl am 26. September versprechen SPD, Grüne und Linke die Wiedereinführung einer Vermögensteuer, die seit 1997 nicht mehr erhoben wird, um damit die Vermögensungleichheit in Deutschland zu bekämpfen. Die Rede ist von 1 Prozent Vermögensteuer für Vermögende oder im Fall der Linken sogar von bis zu 5 Prozent. Union und FDP lehnen die Pläne ab.

"Eine Vermögensteuer von nur 1 Prozent würde Unternehmen ähnlich belasten wie eine Erhöhung der Ertragsteuer um 10 Prozent", warnte die IW-Studie.

"Steuererhöhung um bis zu 35 Prozentpunkte"

Die Familienunternehmen betonten, dass derjenige, der die Koalitionsoption Rot-Rot-Grün weiter offenhalte, Wirtschaft und Arbeitsplätze schädigt.

"Die Umfrage bestätigt, dass eine rot-rot-grüne Bundesregierung eine riesige Gefahr für Investitionen und Arbeitsplätze wäre. Wer diese Koalitionsoption weiter offenhält, schädigt Wirtschaft und Arbeitsplätze", warnte Reinhold von Eben-Worlee, Präsident des Verbands Die Familienunternehmer. Wenn die Unternehmen nicht mehr genug investierten, verlören sie schnell ihre Wettbewerbsfähigkeit. "Dann leiden zuerst die Löhne und dann müssen Arbeitsplätze abgebaut werden."

Eine Vermögensteuer von 1 Prozent bedeute nicht 1 Prozent vom Gewinn, sondern 1 Prozent vom Wert des gesamten Betriebs (Produktionsanlagen, Patente, Arbeitsplätze etc.), der auch in Verlustjahren gezahlt werden muss, so Eben-Worlee. Jährlich werde die Substanz der Betriebe erneut geschädigt. "Umgerechnet auf die bisherigen Steuern wirkt das wie eine Steuererhöhung um bis zu 35 Prozentpunkte", erklärte er.

Investitionsverlagerung ins Ausland

Nach Berechnungen des IW müsse etwa ein mittelständisches Unternehmen mit einem jährlichen Gewinn von 500.000 Euro vor Steuern neben den darauf entfallenden Unternehmenssteuern etwa 38.000 Euro zusätzlich an Vermögensteuer zahlen. Damit würde besonders das Betriebsvermögen, mit dem Investitionen finanziert werden, zusätzlich belastet werden, so das IW.

"Unternehmen könnte der Anreiz genommen werden, in Deutschland zu investieren. Die Folge: Viele könnten stattdessen eher im Ausland investieren", so die Studie. "Dadurch würde die Wertschöpfung sinken und es gäbe weniger Arbeitsplätze. Durch solche Ausweichreaktionen könnten die zusätzlichen Steuereinnahmen einer Vermögensteuer bis zu 40 Prozent niedriger ausfallen als ursprünglich gedacht."

Außerdem drohten Gerichtsverfahren um die Bewertung des Marktwerts von selbstgenutzten Immobilien oder die Bewertung von Beteiligungen an Unternehmen, die nicht wie bei einer Aktiengesellschaft am Markt gehandelt werden.

Allerdings sehen andere Wirtschaftsinstitute die Einführung einer Vermögensteuer weniger kritisch. Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erklärte jüngst, Einnahmen aus der Vermögensteuer könnten in Zukunftsinvestitionen fließen, die neue Arbeitsplätze schaffen, das Wachstum erhöhen und langfristig den Wohlstand sichern könnten.

DJG/aat/mgo

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