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Stiftung Marktwirtschaft warnt vor schlechterer Generationenbilanz

Erscheinungsdatum Website: 12.08.2021 20:45:02
Erscheinungsdatum Publikation: 16.08.2021

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BERLIN (Dow Jones)--Die Coronavirus-Pandemie hat die deutschen Staatsschulden nach Erkenntnissen der Stiftung Marktwirtschaft nicht nur kurzfristig in die Höhe getrieben, sondern verschlechtert die fiskalischen Perspektiven auch langfristig. Das zeigen aktuelle Berechnungen der Stiftung und des Forschungszentrums Generationenverträge der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zur deutschen Generationenbilanz.

Aktuell beläuft sich die fiskalische Nachhaltigkeitslücke aus expliziten und impliziten Staatsschulden demnach auf 439,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) - 94,2 Prozentpunkte mehr als noch vor einem Jahr. In absoluten Zahlen beträgt der Gesamtschuldenstand aller staatlichen Ebenen inklusive der Sozialversicherungen damit den Angaben zufolge rund 14,7 Billionen Euro. Da die impliziten, heute noch nicht direkt sichtbaren Staatsschulden stärker als die expliziten gestiegen seien und nun bei 369,5 Prozent des BIP lägen, weise der Staat nicht einmal ein Sechstel der Nachhaltigkeitslücke offen aus.

Die aktuelle Verschlechterung der Nachhaltigkeitslücke resultiert nach der Studie vor allem aus den zahlreichen Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen, die die Politik beschlossen hat, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie abzumildern. "Auch wenn manche Maßnahmen angesichts der Umstände notwendig waren, werden sie die öffentlichen Kassen auf Jahre hinaus belasten", mahnte Stiftungsvorstand Bernd Raffelhüschen. "Darüber hinaus wäre an der einen oder anderen Stelle deutlich mehr Augenmaß und fiskalischer Realismus angebracht gewesen."

Insgesamt habe sich die Nachhaltigkeitslücke im Vergleich zur Situation vor der Corona-Pandemie fast verdoppelt. Besonders kritisch bewertete Raffelhüschen in diesem Zusammenhang die jüngste Pflegereform, die nicht nur die Nachhaltigkeitslücke der Sozialen Pflegeversicherung erhöhe, sondern durch den neu eingeführten Bundeszuschuss zusätzlich die Gebietskörperschaften belaste. Zudem seien die Versorgungsausgaben für pensionierte Beamte seit der Jahrtausendwende deutlich angestiegen - allein im letzten Jahrzehnt um 50 Prozent.

Vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahl zeigte sich Raffelhüschen enttäuscht über die ökonomischen Zukunftspläne der Parteien. "In ihren Wahlprogrammen liefern die Parteien fast durchgehend keine adäquaten Antworten auf die demografisch bedingten finanziellen Herausforderungen der sozialen Sicherungssysteme", monierte der Ökonom. Viele der sozialpolitischen Vorschläge wie etwa eine dauerhafte Haltelinie für das Rentenniveau würden sogar zu einer noch stärkeren Belastung junger und zukünftiger Generationen führen. "Anstatt zukunftsorientierte Reformen zum Wohle aller Generationen voranzubringen, wirkt die Politik in ihrer Fokussierung auf die Mehrheit der älteren Wähler geradezu apathisch", konstatierte Raffelhüschen.

DJG/ank/apo/16.08.2021

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