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Klima-Experten fordern CO2-Schattenpreis von 195 Euro

Erscheinungsdatum Website: 03.05.2021 17:30:03
Erscheinungsdatum Publikation: 04.05.2021

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BERLIN (Dow Jones)--Nach dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes haben Forscher die Einführung eines CO2-Schattenpreises von 195 Euro je Tonne gefordert. Dieser müsse "bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit und des Kosten-Nutzen-Verhältnisses jeglicher Pläne, Gesetze und öffentlichen Investitionen und Beschaffungen" zugrunde gelegt werden, heißt es in einem Eckpunktepapier des Thinktanks Agora Energiewende. Darin legen die Forscher insgesamt sechs wesentliche Reformvorschläge für das nun teils verfassungswidrige Klimaschutzgesetz vor.

Agora Energiewende verweist bei der Höhe des CO2-Schattenpreises sowohl auf die geschätzten Schadenskosten des Umweltbundesamtes als auch auf Brüssel. Demnach schreibt das EU-Klimagesetz vor, dass die Kommission künftig all ihre Folgeabschätzungen für jegliche Regulierung dahingehend ergänzen muss, ob sie mit den Klimazielen vereinbar sind. "Eine entsprechende Regelung für Deutschland ist ebenso sinnvoll", so das Papier.

Agora Energiewende empfiehlt zudem, das deutsche Klimaziel 2030 von bislang 55 Prozent auf 65 Prozent CO2-Minderung gegenüber 1990 anzuheben. Denn mit dem höheren EU-weiten Klimaziel von minus 55 Prozent bis 2030 müsse auch Deutschland nachziehen. Zudem fordern die Experten den deutschen Gesetzgeber auf, zwei neue Klimaschutzziele einzuführen - 77 Prozent CO2-Minderung bis 2035 und 90 Prozent bis 2040. Klimaneutralität sollte dann schon 2045 und damit fünf Jahre früher als bisher geplant erreicht werden.

CO2-Preis bis 100 Euro und Jahresautomatismus von 15 Euro

Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber in der vergangenen Woche verpflichtet, die CO2-Minderungsziele nach 2030 im Klimaschutzgesetz deutlich genauer zu regeln. Die Richter argumentierten unter anderem mit den Freiheitsrechten künftiger Generationen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) kündigte daraufhin an, noch in dieser Woche einen Entwurf für strengere Klimaziele vorzulegen.

Das Agora-Papier schlägt außerdem die Einführung eines CO2-Preisautomatismus um 15 Euro je Tonne im Folgejahr vor, sollten Sektoren wie Verkehr oder Wärme ihre Emissionsminderungsziele nicht einhalten. Laut dem Klimaschutzgesetz dürfen versäumte Jahresreduktionen in einem Sektor bislang auf die Folgejahre des Jahrzehnts angerechnet werden. Dies sei de facto eine Verschiebung der Klimaschutzanstrengungen auf spätere Generationen, so Agora Energiewende.

Grundsätzlich schlagen die Autoren vor, den CO2-Preis auf Brenn- und Kraftstoffe von derzeit 25 binnen vier Jahren auf 100 Euro zu erhöhen. Aus den Einnahmen sollte dann die EEG-Umlage beim Strompreis auf null reduziert werden. Außerdem müsse die Stellung des unabhängigen Klimaschutzrats gestärkt werden.

"Die Signale aus Brüssel und Karlsruhe sind unmissverständlich: Die Klimapolitik in Deutschland ist derzeit weder kompatibel mit dem Grundgesetz noch mit dem Europäischen Green Deal", erklärte Agora-Direktor Patrick Graichen. Die Vorschläge der Denkfabrik ermöglichten nun eine verfassungskonforme Änderung des Gesetzes, die Deutschland klar auf den Pfad der Klimaneutralität führen.

chem

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