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Experten kritisieren Details des Fondsstandortgesetzes

Erscheinungsdatum Website: 09.04.2021 17:00:02
Erscheinungsdatum Publikation: 12.04.2021

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BERLIN (Dow Jones)--Das von der Bundesregierung geplante Fondsstandortgesetz stößt bei Sachverständigen trotz positiver Ansätze auf deutliche Kritik im Detail. "Der Entwurf enthält vielversprechende Vorschläge, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Fondswirtschaft zu erhöhen und Bürokratie abzubauen", erklärte der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI). Das gelte insbesondere für EU-rechtlich nicht erforderliche Regelungen zum dauerhaften Datenträger, die Abschaffung des Schrift- zugunsten eines Textformerfordernisses und eine künftig elektronische Kommunikation zwischen Aufsicht und Kapitalverwaltungsgesellschaft.

"Sehr erfreulich" seien die erweiterten Produktmöglichkeiten im Fondsgeschäft. "Insgesamt ist der Nutzen für den Standort, den die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen bringen werden, allerdings überschaubar", monierte der BVI jedoch in seiner Stellungnahme für eine am Montag geplante Anhörung im Bundestag. "Sie führen zu punktuellen Verbesserungen, lassen jedoch grundlegende Probleme der deutschen Fondsregulierung unangetastet." In der Praxis führe das immer wieder dazu, dass Produkte an konkurrierenden Standorten aufgelegt würden.

Deshalb sollten Änderungsvorschläge des Bundesrates wie die Erweiterung der Anlagekataloge für Fonds um Kryptowerte dringend berücksichtigt werden. Darüber hinaus gehe auch die geplante Umsatzsteuerbegünstigung für Wagniskapitalfonds zwar in die richtige Richtung, "einen wesentlichen Beitrag zur Standortstärkung wird sie aber nicht leisten", betonte der BVI. Um dies zu gewährleisten, solle die Begünstigung auf sämtliche Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuches ausgeweitet werden.

Mitarbeiterkapitalbeteiligungen werden steuerlich gefördert

Mit dem Ende Januar vom Kabinett beschlossenen Gesetz soll Deutschland nach den Plänen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) "attraktiver und wettbewerbsfähiger" als Fondsstandort werden und die Start-up-Szene so unterstützen. So sollen künftig Mitarbeiterkapitalbeteiligungen steuerlich gefördert werden. Die Wirtschaft und der Koalitionspartner Union haben allerdings bereits Nachbesserungen angemahnt, und aus der Opposition ist scharfe Kritik an den Plänen gekommen.

Die neuen Regelungen sehen unter anderem vor, die Umsatzsteuerbefreiung auf die Verwaltung von Wagniskapitalfonds auszudehnen. Um die Attraktivität von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen zu erhöhen, soll zudem der steuerfreie Höchstbetrag von derzeit 360 Euro auf 720 Euro angehoben werden. Insbesondere für Beschäftigte von Start-up-Unternehmen wird in das Einkommensteuergesetz eine Regelung aufgenommen, nach der die Einkünfte aus der Übertragung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers zunächst nicht besteuert werden.

Im Kapitalanlagegesetzbuch findet nach Angaben des Finanzministeriums eine weitere Entbürokratisierung für Fondsverwalter statt, indem die Verwendung eines dauerhaften Datenträgers zur Information von Anlegern - soweit nicht durch EU-Recht vorgegeben - sowie zahlreiche Schriftformerfordernisse abgeschafft werden. Auch werden unter anderem die Voraussetzungen zur weiteren Digitalisierung der Aufsicht geschaffen, und die Produktpalette für Fondsverwalter wird erweitert.

Warnungen von den Gewerkschaften

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erklärte in seiner Stellungnahme, er könne die Erhöhung des steuerfreien Höchstbetrages grundsätzlich nachvollziehen. Der DGB warnte jedoch "ausdrücklich davor, weitere Möglichkeiten zur Umwandlung von sozialversicherungspflichtigen Entgeltbestandteilen zu schaffen". Zudem forderte er, für Beschäftigte ohne Zugang zu einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung die Möglichkeit einer entsprechend höheren Freigrenze für den steuerfreien Sachbezug zu schaffen.

Auch der Vorschlag einer Besteuerung zu einem späteren Zeitpunkt gehe in die richtige Richtung. Mit Blick auf die Sanierung und Standortsicherung von Unternehmen sollte diese Möglichkeit jedoch auch auf Unternehmen aller Größen erweitert werden, wenn Beschäftigte im Rahmen tarifvertraglich geregelter Konzepte auf Einkommensbestandteile verzichten und im Gegenzug Unternehmensanteile erwerben. Die Förderung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen dürfe sich "nicht als einseitiges Kündigungserschwernis" für Beschäftigte erweisen", warnte die Deutsche Steuer-Gewerkschaft.

Der Venture-Capital-Experte Nikolas Samios monierte, neben einigen für Fonds lobenswerten Vereinfachungen wie dem Wegfall der Umsatzsteuerpflicht für Management Fees von Fondsmanagern verfliege der erste positive Eindruck über die Mitarbeiterbeteiligung "bei genauerer Betrachtung vollständig". Die Neuregelung sei in entscheidenden Punkten so praxisfern gestaltet, dass Start-ups die neuen Möglichkeiten in den wichtigsten Punkten gar nicht verwenden könnten. Das Ziel der Reform werde bei der Förderung der Mitarbeiterbeteiligung "praktisch vollständig verfehlt".

DJG/ank/apo/12.04.2020

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