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Welt: Flugzeughersteller nach Corona noch abhängiger von China

Erscheinungsdatum Website: 11.01.2021 15:55:02
Erscheinungsdatum Publikation: 12.01.2021

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Die Volksrepublik steigt zum weltweit größten Luftfahrtmarkt auf / Von Jon Sindreu

BEIJING (Dow Jones)--Westliche Airlines werden sich voraussichtlich erst in Jahren von der Corona-Pandemie erholen. Die großen Flugzeughersteller sind deshalb vorerst auf die Widerstandsfähigkeit und das Wachstumspotenzial des chinesischen Marktes angewiesen. Aber durch Chinas eigene Ambitionen in der Luftfahrt und die damit verbundenen geopolitischen Spannungen könnte die Reise zu einer turbulenten Angelegenheit werden.

Die Volksrepublik selbst hat die Folgen der Pandemie hinter sich gelassen und ist zum größten Luftfahrtmarkt der Welt aufgestiegen. Der Luftverkehr ist verglichen mit dem Vorjahr um 8% gewachsen, wie Daten von der zu Oliver Wyman gehörigen Planestats zeigen. In den USA und in Europa liegen die Verkehrszahlen dagegen um 41 und 68% unter den Vorjahreswerten.

Da in den nächsten Jahren mutmaßlich 500 Mio Chinesen zusätzlich zur Mittelschicht der Volksrepublik gehören werden, ist das Land auch für die Luftfahrtbranche eine riesige Wachstumschance. Die International Air Transport Association prognostiziert ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 5% bei den Passagierzahlen im asiatisch-pazifischen Raum zwischen 2019 und 2039. Für die reifen westlichen Märkte wird dagegen mit einer Wachstumsrate von 2,2% gerechnet.

Nach einer leichten Liberalisierung 2004 sind Chinas Fluggesellschaften zur zweitgrößten Einnahmequelle für die beiden großen Flugzeughersteller Boeing und Airbus geworden. Beide haben dort inzwischen Werke eröffnet. Das Land gehört zu den wenigen Lichtblicken in ihrem Geschäft: So senkte Boeing im November zwar seine 20-Jahres-Prognose für den weltweiten Flugzeugbedarf um 2%, hob aber zugleich die Wachstumsschätzung für das Reich der Mitte um 6,3% auf 8.600 Verkehrsmaschinen an.

Im Vergleich zum Rest der Welt ist China besonders wichtig für die 737-Reihe von Boeing und die A320-Familie von Airbus. Beide bilden das Rückgrat der Billig-Airlines. Auf die Volksrepublik entfällt ein Viertel der 737-MAX-Auslieferungen, die Boeing nach 20-monatigem Flugverbot nun wieder vermarkten will.

Chinas wahres Potenzial liegt jedoch auf der Langstrecke und damit bei den Großraumflugzeugen, deren Nachfrage am stärksten von Corona und seinen Folgen beeinträchtigt ist. Bislang hatte nur die A330 eine breite Akzeptanz bei Chinas großen staatlichen Fluggesellschaften. Die aktuellen Bestellungen gehen jedoch in Richtung der wendigeren A350 und 787, auf die sich auch Airbus und Boeing konzentrieren.

Derzeit spiegeln die Auftragsbestände Chinas Bedarf an Flugzeugen noch nicht wider. Mit 4,4% erscheint der Anteil des Landes an den Festbestellungen von Boeing und Airbus zumindest viel zu niedrig. Die Analysten von Barclays weisen darauf hin, dass dies auf weniger als 20 Auslieferungen des A320 im Jahr 2023 hindeutet, verglichen mit einem jüngsten Jahresdurchschnitt von 120.

Die von den beiden westlichen Anbietern befürchtete Alternative besteht darin, dass das Reich der Mitte die Lücke im Bedarf bei den Schmalrumpfflugzeugen durch die C919 des chinesischen Staatsunternehmens Comac füllen könnte. Ironischerweise wäre ihre Entwicklung ohne die Hilfe der ausländischen Hersteller nur schwer möglich gewesen.

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