Märkte der Welt

Der Newsletter "Märkte der Welt" enthält - nach Regionen gegliedert - wöchentliche Zusammenfassungen und Hintergrundanalysen der wichtigsten Nachrichten zur Außenwirtschaft sowie Informationen zu Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen unterschiedlichster Branchen. Zudem sind weiterführende Kontaktadressen mit Ansprechpartnern angegeben. Die Berichterstattung wird durch das weltweite Netz der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) unterstützt und ist mit Grafiken und Charts angereichert.

Die Kehrseite des saudischen Überraschungsgeschenks

Erscheinungsdatum Website: 06.01.2021 14:35:08
Erscheinungsdatum Publikation: 07.01.2021

zurück zur Übersicht

Das Königreich ist geschwächt / Von Jinjoo Lee

WIEN (Dow Jones)--Manchmal braucht man eine Menge Öl, um die Hände eines unmotivierten Partners zu schmieren. Saudi-Arabien erklärte nach einem weiteren schwierigen Treffen mit Mitgliedern der Organisation der OPEC und den von Russland angeführten Partnern des Kartells, es werde seine Ölfördermenge im Februar und März freiwillig um 1 Mio bpd kürzen. Die wohlwollendste Interpretation ist, dass Saudi-Arabien aus Großmut handelt und einsieht, dass die Opec+-Mitglieder in Schwierigkeiten sind.

Eine viel realistischere Lesart ist aber, dass das Königreich in seinem Tauziehen mit Russland über die Richtung der globalen Ölfördermenge erheblich geschwächt ist. In einer Pressekonferenz betonte Saudi-Arabiens Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman Al Saud, dass die Entscheidung unilateral getroffen wurde. Er sagte aber auch, dass Russland von den saudischen Plänen wisse, eine Kürzung anzukündigen. Trotz der großen Kapazität des Landes ist 1 Mio bpd ein beträchtliches Opfer, das etwa 9% der typischen Produktion entspricht.

Die Menge ist auch symbolisch eine Abkehr von dem parallelen Weg, den Saudi-Arabien und Russland bisher eingeschlagen haben. Die beiden Länder hatten stets die gleiche Fördermenge zurückgehalten.

Russland hatte sich nun gewünscht, dass die Opec+ die Produktion um eine halbe Million bpd erhöht. Russland und Kasachstan werden ihre Fördermenge nun jeweils moderat erhöhen können. Die Kürzungen Saudi-Arabiens bedeuten, dass die OPEC+ die Produktion im Februar und März um mehr als 8 Mio bpd kürzen wird, gegenüber 7,2 Mio im Januar. Die Nachricht hatte den beabsichtigten Effekt auf die Preise, wobei die Terminkontrakte für Rohöl der Sorte Brent auf fast 54 US-Dollar je Barrel stiegen - ein Niveau, das seit Februar vergangenen Jahres nicht mehr erreicht wurde.

Aber die Entscheidung Saudi-Arabiens lässt beunruhigende Szenarien aufkommen. Sie könnte zeigen, wie nahe Russland daran war, den Verhandlungstisch zu verlassen. Das Zugeständnis Riads zeigt die tiefgreifende wirtschaftliche Verwundbarkeit des Königreichs. Außerdem könnte seine Einschätzung der Ölnachfrage in der Tat düster sein. Da die Covid-19-Impfungen langsamer als erwartet durchgeführt werden, ist es keineswegs klar, ob die Verhandlungen beim nächsten Treffen im April einfacher werden. Die Ölhändler und Spekulanten hatten einen tollen Tag, aber die Party könnte von kurzer Dauer sein.

zurück zur Übersicht