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Heil: Merkel und Scholz sollen Streit um Lieferkettengesetz klären

Erscheinungsdatum Website: 18.12.2020 17:35:03
Erscheinungsdatum Publikation: 21.12.2020

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BERLIN (Dow Jones)--Der Streit um das Lieferkettengesetz innerhalb der Bundesregierung wird nun zur Sache der Regierungschefin. Das Thema werde direkt im Januar bei einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) verhandelt, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in Berlin. "Ich werde auch hier nicht locker lassen und setze darauf, dass die Koalition diese Frage klärt." Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erklärte, er bedauere, dass eine Gesamteinigung vor Weihnachten noch nicht möglich gewesen sei. "Wir sind uns in der Bundesregierung einig, dass wir Menschenrechte besser schützen wollen - egal wo auf der Welt."

Seit Monaten verhandeln die zuständigen Ressorts von Heil und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) mit Altmaier, der die ursprünglichen Eckpunkte der Kabinettskollegen jedoch ablehnte. Trotz einiger Fortschritte sei mit Altmaier noch kein Durchbruch gelungen, sagte Heil. "Ich bin ziemlich sauer." Ursprünglich hatte er geplant, dass das Lieferkettengesetz noch in diesem Jahr vom Kabinett verabschiedet wird.

Einigung bei Unternehmensgröße wahrscheinlicher

Annäherungen gibt es inzwischen in der Frage, für welche Unternehmensgröße das Gesetz gelten soll. Ursprünglich hatten Heil und Müller eine Regelung zur Sorgfaltspflicht für rund 7.300 größere deutsche Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern vorgesehen, was Altmaier aber zu viel ist. Wichtig sei, "klare und praktikable Sorgfaltspflichten zu verankern, die insbesondere von größeren Unternehmen zu beachten sind", betonte der Wirtschaftsminister. "Mittelständische Unternehmen sollen davon ausgenommen sein." Heil sagte, bei der Unternehmensgröße gebe es Chancen für eine Lösung. Auch der Wirtschaftsminister betonte, die Beratungen mit seien in den letzten Wochen gut vorangekommen.

Bei den Haftungsfragen aber hakt es laut Heil noch. "Es muss auch ein Gesetz sein, das Rechtsfolgen hat". Ein "Gesetz fürs Schaufenster" sei für ihn "nicht akzeptabel", so der SPD-Minister. Viele Unternehmen kümmerten sich bereits jetzt freiwillig um menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in ihren Lieferketten, so Heil. "Aber es sind nicht alle. Deshalb will ich ein wirksames Gesetz und kein Placebo."

Wirtschaftsverbände lehnen zu scharfes Gesetz ab

Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, zu prüfen, inwiefern Unternehmen Transparenz in ihre Wertschöpfungsketten bringen und schwerste Menschenrechtsverstöße ausschließen. Gegebenenfalls würden sie "national gesetzlich tätig" werden und sich für eine EU-weite Regelung einsetzen. Bei einer Umfrage im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) zeigte sich, dass nur 13 bis 17 Prozent der betrachteten Unternehmen klar genug gegen Ausbeutung und Kinderarbeit in ihren Lieferketten vorgehen.

Der Industrieverband BDI und weitere Wirtschaftsverbände sehen ein Lieferkettengesetz kritisch. Kanzlerin Merkel selbst hatte beim Arbeitgeberverband BDA bekräftigt, es müsse gelingen, "auch Lösungen zu finden, die der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft nicht schaden."

DJG/pso/mgo/21.12.2020

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