Euro Intern

"Euro Intern" enthält neben umfassenden Informationen zur Geldpolitik in der Eurozone und der EU auch wichtige Hintergrundinfos und Analysen mit Charts von EZB-Beobachtern.

LBBW: EZB muss auch bei Green Bonds Marktneutralität wahren

Erscheinungsdatum Website: 23.10.2020 17:50:02
Erscheinungsdatum Publikation: 26.10.2020

zurück zur Übersicht

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nach Einschätzung der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) nur recht indirekte Möglichkeiten, den Klimawandel in ihrer Geldpolitik zu berücksichtigen. Einem überproportionalen Ankauf "grüner" Unternehmensanleihen steht laut LBBW die Forderung entgegen, marktneutral zu agieren - noch jedenfalls. An einem recht langen Hebel sitzt die EZB dagegen nach Aussage von Volkswirt Jens-Oliver Niklasch in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde systemrelevanter Kreditinstitute.

"Diese könnte sie zur Offenlegung von Risikotatbeständen und ihrer Bewertung mit Bezug auf den Klimawandel und die damit erwartete Reaktion der Politik veranlassen", schreibt Niklasch in einem Kommentar. Dabei könnte die EZB bzw. die Aufsichtsbehörden laut Niklasch zwischen Green Assets und solchen, die das Prinzip der geringen Schädlichkeit (Do-no-significant-harm-Prinzip) verletzen, unterscheiden.

"Der Finanzsektor könnte zu einer Neubewertung potentiell (klima-)schädlicher Assets veranlasst werden und gegebenenfalls sein Exposure gegenüber solchen Assets reduzieren", so Niklasch.

In seinem Papier verweist der Ökonom auf einen Vorschlag des Centrums für europäische Politik (Cep), wonach eine Mindestvorgabe für Green Bonds als Collateral bei Geschäften der Banken mit dem Eurosystems denkbar wäre. Wenn die Mindestquote dem Anteil der Green-Bonds-Emissionen am Gesamtmarkt entspräche, würde die Vorgabe der Marktneutralität gewahrt bleiben.

Als weitere Möglichkeit führt er einen Vorschlag von EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann von März auf: "Ein sinnvolles Vorgehen könnte sein, dass wir im Rahmen der Geldpolitik nur solche Wertpapiere kaufen und als Sicherheiten zulassen, deren Emittenten bestimmte klimabezogene Berichtspflichten erfüllen," hatte Weidmann gesagt.

Zudem könnte die EZB laut Weidmann prüfen, ob sich die Berücksichtigung klimabezogener finanzieller Risiken in den Ratings als Kriterium eigene, wenn es darum gehe, Wertpapiere zu kaufen oder Sicherheiten für geldpolitische Refinanzierungsgeschäfte zuzulassen. Mit einem solchen Kriterium könnte die EZB entsprechende Standards bei Ratingagenturen und Banken fördern.

Allerdings hält LBBW-Volkswirt Niklasch es für möglich, dass die EZB das Prinzip der Marktneutralität tatsächlich abschüttelt. "Es sieht momentan so aus, als ob Frau Lagarde damit durchkommt", sagt er. Die EZB werde sehr stark vom Direktorium gesteuert und offenbar wolle sich niemand als der Hardliner hinstellen, der dem edlen Ziel des Klimaschutzes im Wege stehe. Seine Meinung ist: "Die EZB hat hier kein Mandat."

DJG/hab/kla/26.10.2020

zurück zur Übersicht