Märkte der Welt

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Wirecard-Untersuchungsausschuss muss Versäumnisse zügig aufklären

Erscheinungsdatum Website: 02.09.2020 15:20:04
Erscheinungsdatum Publikation: 03.09.2020

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Wenig Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl / Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Ein Wirecard-Untersuchungsausschuss wird kommen - das ist das Ergebnis der zweitägigen Sondersitzung des Bundestags-Finanzausschusses, zu dem die Abgeordneten kurz vor dem Ende ihrer Sommerpause ins Parlament zurückkehrten. Dieses Aufwandes hätte es vermutlich zwar gar nicht bedurft, denn schon vorher hatten sich die Anzeichen immer mehr verdichtet, dass nur ein solches parlamentarisches Gremium Licht in die immer undurchsichtiger werdende Angelegenheit bringen kann.

Doch nun ist die Einberufung um so dringlicher. Denn im Finanzausschuss gab es nach Angaben von Teilnehmern aller Couleur viele Ungereimtheiten und allenthalben nur wenig Bekenntnisse zur Übernahme von Verantwortung. Im Zentrum steht dabei die Rolle von Politik und Behörden bei dem Skandal, in den die Abgeordneten nun um so schneller Licht bringen müssen.

Die Fragen, die sich immer mehr stellen, sind brennend: Warum haben die Behörden nicht früher auf zunehmende Berichte über Unregelmäßigkeiten reagiert? Warum ließ man Bundeskanzlerin Angela Merkel noch im September 2019 bei einer China-Reise ihr Wort für den Finanzdienstleister einlegen, obwohl längst Berichte über Unregelmäßigkeiten die Runde gemacht hatten? Warum konnten ehemalige hochrangige Regierungsvertreter wie Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ungehindert im Kanzleramt für Wirecard werben? Und welche Rolle spielte dabei der Geheimdienst?

Die Abgeordneten werden versuchen müssen, diese Fragen zügig aufzuklären, denn mit dem Ende der laufenden Legislaturperiode endet auch das Mandat des Untersuchungsausschusses. Noch offen scheint, ob es überhaupt gelingen kann, die vielen Stränge des Falles Wirecard noch vor der Bundestagswahl halbwegs umfassend aufzuklären. Denn bisher warfen - so rügt es jedenfalls die Opposition - die Antworten der Befragten aus Regierung und Behörden meist nur noch größere Fragen auf.

Diese auszuräumen, wird nun die große Aufgabe des spezialisierten Parlamentsgremiums sein, das sich wohl noch im September konstituiert. Ihre Arbeit wird jede Mühe wert sein, um wirkliche strukturelle Neuaufstellungen der Finanzaufsicht zu erarbeiten, die dann in der kommenden Legislaturperiode von einem Parlament mit neu gewählten Mehrheitsverhältnissen anzugehen wären. Der eigentliche Kern des Skandals, das kriminelle Handeln der Wirecard-Manager, das den größten Finanzskandal der deutschen Wirtschaftsgeschichte auslöste, wird da noch nicht einmal im Mittelpunkt stehen.

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