Euro Intern

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SPD-Chef Walter-Borjans will Steuersenkungen

Erscheinungsdatum Website: 24.01.2020 18:40:02
Erscheinungsdatum Publikation: 27.01.2020

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BERLIN (Dow Jones)--Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans hat sich für Steuersenkungen bei den Arbeitnehmern ausgesprochen. "Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir, dass die kleinen und mittleren Einkommen am Ende mehr von ihrem Lohn behalten dürfen? Ich finde ja", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Die durchschnittlichen Steuern sollen "spürbar" sinken. Entscheidend sei nicht die Besteuerung des zuletzt verdienten Euro, sondern der Prozentsatz, der vom gesamten Einkommen ans Finanzamt gehe. "Dieser Durchschnittssteuersatz liegt für die allermeisten zwischen 15 und 25 Prozent", sagte der Parteichef. "Wir sollten ihn trotzdem spürbar senken."

Walter-Borjans rückte aber nicht vom SPD-Plan ab, deutlich mehr zu investieren. Kleine und mittlere Einkommen steuerlich zu entlasten, führe zu staatlichen Mindereinnahmen von mindestens 30 Milliarden Euro. Steuerschlupflöcher sollten geschlossen, Top-Einkommen und -Vermögen stärker an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligt und ein Teil der Investitionen über Kredite finanziert werden, forderte er zur Finanzierung. SPD-Parteichefin Saskia Esken hatte zuvor Steuersenkungen als gefährlich bezeichnet.

Unterdessen forderte der frühere Unions-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz die Koalition auf, Bürger und Unternehmen umfassend steuerlich zu entlasten. Angesichts hoher Haushaltsüberschüsse und einer sich abschwächenden Konjunktur sei eine Steuerreform das richtige Instrument zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung, sagte er der Saarbrücker Zeitung. "Deswegen wäre es jetzt an der Zeit, Bürgern und Unternehmen etwas zurückzugeben", betonte Merz. "Ich denke, die Union wäre dazu bereit, entsprechende Reformen anzupacken."

Allerdings habe er den Eindruck, "dass es der SPD gar nicht mehr ums Regieren, sondern eher um eine Art Eigentherapie geht". Falls sich die große Koalition nicht auf eine umfassende Reform einigen könne, müsse sie wenigstens die Belastung für die Unternehmen senken, forderte Merz. "Denn Steuerpolitik ist immer auch Standortpolitik, und andere Länder sind diesen Schritt längst gegangen."

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) drängte die Bundesregierung hingegen dazu, gezielt Arbeitnehmer und nicht Unternehmen zu entlasten. "Beschäftigte mit kleinen und mittleren Einkommen sollten weniger Steuern zahlen", sagte DGB-Vorstand Stefan Körzell der Neuen Osnabrücker Zeitung. Das so frei werdende Geld fließe direkt in den Konsum und stärke damit die Binnenkonjunktur. Hier die Einkommensteuer in den Blick zu nehmen sei besser, "als Unternehmen das Geld hinterherzuschmeißen". Der Gewerkschafter warnte, eine Senkung der Unternehmensteuer würde "verpuffen", damit würden lediglich hohe Gewinnausschüttungen und Aktienrückkäufe getätigt.

Nach den Worten von Körzell könnten mehr als 95 Prozent aller Haushalte bei der Einkommensteuer entlastet werden. Reiche müssten aber "mehr zum Gemeinwesen beitragen". Der Spitzensteuersatz soll laut DGB von 42 auf 49 Prozent steigen, aber erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 74.500 anstatt wie bisher 57.000 Euro greifen. Die sogenannte Reichensteuer soll weiterhin 3 Prozentpunkte über dem Spitzensteuersatz liegen, aber künftig bereits ab einem Einkommen von 125.000 anstatt 270.000 Euro greifen.

DJG/ank/apo/27.01.2020

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