Russland Aktuell

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Russischer Bücherdruck im freien Fall

Erscheinungsdatum Website: 23.01.2020 14:50:04
Erscheinungsdatum Publikation: 24.01.2020

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MOSKAU (rus/GTAI)--Das russische Druckgewerbe wächst trotz der Konjunkturschwäche im Land. Während die Auflagen der Printmedien sinken, sind mehr spezialisierte Produkte und kleinere Serien gefragt. Der Buchdruck befindet sich im freien Fall. Innerhalb von zehn Jahren ist die jährliche Gesamtauflage um über 40% gesunken. Für 2018 ermittelte die Russische Buchkammer eine Auflage von 432,3 Mio Exemplaren - ein Minus von 8% im Vergleich zum Vorjahr. Dabei werden die Bücher auch dünner: Die Zahl der Druckbögen ging im letzten Jahr um ein Zehntel auf 4,87 Mrd zurück.

Geschrumpft ist ebenso die durchschnittliche Auflage. Sie betrug 2018 nur noch 3.700 Exemplare pro Titel. Ein Drittel aller gedruckten Bücher hatte eine Auflage von unter 500 Stück. Nur rund 100 Editionen erreichten eine Auflage von mehr als 100.000. Viele Buchdruckereien berichten, dass ihre typische Order inzwischen bei 50 bis 100 Exemplaren liegt. Marge erzielen sie dabei in der Regel durch zusätzliche Dienstleistungen der Druckweiterverarbeitung (Schnitt, Buchbindung). Relativ stabil ist die Entwicklung bei Lehrbüchern und Kinderliteratur. Außerdem wird die sinkende Druckauflage teilweise kompensiert durch legale Downloads von E-Books.

Der Druck von Etiketten ist ein Wachstumssegment. Laut Rosstat wurden 2018 rund 54,6 Mrd Etiketten und Aufkleber aus Papier oder Karton gedruckt. Das war ein Plus von 13%.

Beim Verpackungsdruck erlebt die Branche einen steigenden Bedarf der russischen Lebensmittelindustrie, die immer noch vom Einfuhrembargo für westliche Fleisch- und Milchprodukte sowie vom wachsenden Interesse an lokalen Erzeugnissen profitiert. Zweistellig wächst der Onlinehandel mit riesigem Bedarf an entsprechenden Versandverpackungen.

Neuer Bedarf an Druckdiensten entsteht durch die Kennzeichnungspflicht für verschiedene Warengruppen, die derzeit schrittweise in Russland eingeführt wird. Betroffen sind unter anderem Tabakwaren, Schuhe, Kosmetika, Milchprodukte und Arzneimittel. Diese Produkte müssen künftig mit einem DataMatrix-Code (2D-Code) bedruckt werden, der alle relevanten Produkt- und Herkunftsinformationen enthält.

Für die technische Umsetzung ist das halbstaatliche IT-Unternehmen ZRPT zuständig, das auch entsprechende Ausrüstungen zur Produktmarkierung produzieren soll. Es hat über seine Tochterfirma Trekmark bereits Etikettendrucker entwickelt, die den betroffenen Branchenunternehmen angeboten werden.

Ende letzten Jahres gab es laut Rospetschat 20.268 Druckereien im Land. Das waren fast 700 mehr als ein Jahr zuvor. Die überwiegende Zahl davon sind kleinere Druckhäuser mit weniger als 20 Mitarbeitern. Mehr als ein Drittel aller Druckereien haben ihren Standort in Zentralrussland, besonders im Großraum Moskau.

Der staatliche Einfluss in der Druckindustrie geht zurück. Der Anteil privater Betriebe lag 2018 bei 86% und damit um 7 Prozenzpunkte über dem Wert von 2008. Allerdings gibt es besonders in den Regionen die Tendenz, kleinere Staatsdruckereien in größere - wiederum staatliche - Einheiten zusammenzufassen. Häufig kommen auch noch Verlage und Internetmedien unter das Dach dieser Holdings. Dank öffentlicher Aufträge sind sie in der Regel gut ausgelastet.

Am Markt bestehen besonders Druckereien mit breitem Serviceangebot. Dazu gehören das Bedrucken von Stoffen, Glas, Souvenirprodukte und andere Materialien. Auch Warenkataloge, Plakate und andere Werbeträger sind weiterhin gefragt.

Die größten Presseverlage in Russland sind Bauer Media, Burda und Hearst Shkulev Publishing. Die sinkenden Auflagen gehen einher mit einer Konzentration des Verlagswesens. Das betrifft auch Buchverlage, von denen es laut Buchkammer aktuell etwa 5.600 gibt. Die 20 größten Branchenunternehmen sorgen für drei Viertel der Buchauflage und konnten ihren Marktanteil seit 2008 um 25% Prozentpunkte steigern.

Das föderale Gesetz FZ 305 von 2016 begrenzt ausländische Kapitalbeteiligungen an russischen Massenmedien auf 20%. Verlage müssen sich bei der Aufsichtsbehörde Roskomnadsor registrieren, wenn sie mehr als 999 Exemplare einer Auflage drucken. Außerdem verlangt die Behörde Quartalsberichte über ausländische Geldzuflüsse.

Bei der anstehenden Reorganisation der Russischen Post sollen die Interessen der Printmedien gewahrt bleiben. Das betrifft vor allem den Zeitungsvertrieb, der in den Regionen überwiegend über den Staatsbetrieb abgewickelt wird. Solche Vertriebsdienstleistungen sollen auch künftig zu den Kernaufgaben der Post gehören, heißt es im Gesetz über die Umstrukturierung des Unternehmens.

Das neue Gesetz Nr. 30-FS vom 18. März regelt Strafen für die Veröffentlichung von Fake News oder die Beleidigung des Staates und der Gesellschaft. Die Aufsichtsbehörde Roskomnadsor ist zuständig für die Entfernung solcher Informationen aus den Massenmedien.

Auf Anweisung des Präsidenten wurde ebenfalls im März ein Rat zur Unterstützung von Kinder- und Jugendmedien gegründet. Geplant sind staatliche Zuschüsse für entsprechende Produkte.

Die Werbeumsätze in Russland wachsen deutlich schneller als die Gesamtwirtschaft. Für 2018 ermittelte der Verband der Werbeagenturen (AKAR) ein Volumen von 469 Mrd Rubel (etwa 6,33 Mrd Euro). Das waren 12% mehr als 2017. Der Zuwachs kommt vor allem durch die hohe Dynamik bei Onlinewerbung zustande. Das Internet hatte 2018 erstmals das Fernsehen als wichtigste Werbeplattform überholt.

Während die Reklameumsätze auf Webseiten und mobilen Apps um ein Fünftel stiegen, sinken die Einnahmen der Printmedien weiter. Die Werbeerlöse der Zeitungen gingen um 17% zurück, der Zeitschriften um 9%. rus/7.1.2020

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