Märkte der Welt

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Der BDI sieht die multilaterale Ordnung in Gefahr

Erscheinungsdatum Website: 16.10.2019 17:05:42
Erscheinungsdatum Publikation: 17.10.2019

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Appell für eine Neuausrichtung der WTO

BERLIN (NfA)--Die WTO ist die "Hüterin des Welthandels". Über Dekaden hat sie zusammen mit ihrer Vorgängerin, dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) dazu beigetragen, dass Länder ihre Märkte öffnen und nach fairen Regeln miteinander Handel betreiben. So hat sie Wirtschaftswachstum und Wohlstand weltweit gefördert. Heute steht die multilaterale Handelsorganisation jedoch unter starkem Beschuss. Es ist höchste Zeit zu handeln.

Die Organisation hat nicht nur die Aufgabe, neue Regeln und Liberalisierungsschritte zu verhandeln. Sie soll auch für Transparenz sorgen, bestehende Verträge überwachen und Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern schlichten. Die vielfältigen Aufgaben sowie Rechte und Pflichten der Mitglieder sind in mehreren Verträgen geregelt, zu den wichtigsten gehören das GATT, das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) und das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (TRIPS).

2001 wurde mit der Doha-Entwicklungsagenda eine große Verhandlungsrunde gestartet, um das Regelwerk der WTO zu modernisieren, einen neuen Marktzugang verbindlich zu vereinbaren und Entwicklungsländer besser in die internationalen Wertschöpfungsketten zu integrieren. Die Verhandlungen sind allerdings nach über zehn Jahren vor allem an Differenzen zwischen Industrieländern wie den USA und erstarkten Schwellenländern wie China und Indien gescheitert. Lediglich ein multilaterales Abkommen, wenngleich ein sehr wertvolles, zur Vereinfachung der Zollverfahren (Trade Facilitation Agreement/TFA), konnte erfolgreich ausverhandelt und Anfang 2017 in Kraft gesetzt werden. Zum weiteren Vorgehen besteht große Unsicherheit. Zu Bereichen wie Elektronischer Handel, Investitionserleichterungen und Kleinstunternehmen haben sich plurilaterale Gesprächs- und Verhandlungsformate etabliert, auf denen nun die Hoffnung ruht, eine Vorreiterrolle für den multilateralen Prozess zu spielen.

Der Streitbeilegungsmechanismus (DS) ermöglicht die strukturierte Beilegung von Handelskonflikten und fördert somit die Durchsetzung des Regelwerks. Die Zahl der Streitfälle erreichte im letzten Jahr mit 39 einen Spitzenwert. Aktuell blockieren die USA die Ernennung neuer Mitglieder für das Berufungsgremium. Dies könnte im Dezember zu einer Lähmung der wichtigsten Instanz des DS führen und damit die Glaubwürdigkeit der gesamten WTO infrage stellen. Washington beklagt schon seit geraumer Zeit, dass die zweite legale WTO-Instanz über ihre Kompetenzen hinausgehen würde. Damit würde faktisch ein Recht geschaffen, dem die Mitglieder nicht ausdrücklich zugestimmt hätten.

Um den Stillstand zu beenden und eine Lähmung des DS zu verhindern, ist die Reform dringend geboten. Die EU und andere Mitglieder haben verschiedene Vorschläge auf den Tisch gelegt. Diese gehen zum Beispiel auf die Kritikpunkte der USA am DS ein, um zunächst die Nachbesetzung der Berufungsinstanz zu ermöglichen und den Weg für tiefgreifendere Reformbemühungen frei zu machen. Weitere zielen auf effizientere Verfahren, bessere Regeltreue und einen objektiveren Ausgleich zwischen den verschiedenen Entwicklungsstufen der WTO-Mitglieder ab. Dabei geht es unter anderem darum, dass künftig Verpflichtungen und Privilegien von Mitgliedsstaaten von objektiven, wirtschaftlichen Kriterien abhängen und nicht von einer Selbsteinstufung als Entwicklungsland.

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