Nachrichten für Außenhandel (NfA)

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China: Hat Beijing sein Pulver bereits verschossen?

Erscheinungsdatum Website: 19.07.2019 15:10:34
Erscheinungsdatum Publikation: 22.07.2019

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Immer mehr Auslandsschulden / Von Nathaniel Taplin

BEIJING (Dow Jones)--Chinas Investitionen in die Infrastruktur haben im Juni wieder angezogen und den Unternehmen ein wenig Luft in ihrem Kampf gegen das rückläufige Wachstum verschafft. Lange anhalten wird dieser Anschub wahrscheinlich nicht. Beijings finanzpolitischer Spielraum in der zweiten Jahreshälfte scheint begrenzt. Schon bald könnte die Fiskalpolitik samt ihrer außerplanmäßigen Ausgaben wieder einen Gang zurückschalten.

Nach drei Monaten des verlangsamten Wachstums stiegen die Investitionen in die Infrastruktur laut Research-Unternehmen Oxford Economics im Jahresvergleich zuletzt um 4%. Das kam nicht von ungefähr. Getragen wurde das Programm durch einen deutlichen Anstieg bei der Emission von Kommunalanleihen. Die Lokalregierungen gaben allein im Juni Schuldverschreibungen im Volumen von 900 Mrd Yuan (130 Mrd US-Dollar) aus. Das war fast dreimal so viel wie im Mai und der höchste Stand seit Mitte 2016, als Chinas letztes großes Konjunkturprogramm in vollem Gange war.

Viel mehr geht nicht. Die Kommunen haben bislang schon 70% ihrer von Beijing erlaubten Neuverschuldungsquote für dieses Jahr ausgeschöpft. Es ist unwahrscheinlich, dass die Zentralregierung bereits zur Jahresmitte die Schuldengrenze lockert und Spekulationen über eine neue Runde fragwürdiger Maßnahmen Nahrung gibt. Ein anderes Problem ist, dass die Situation für die Geldbeschaffung außerhalb der Bilanzen mittlerweile angespannt ist. Im Mai hatte die Aufsichtsbehörde eine Regionalbank wegen Kreditrisiken beschlagnahmt und damit den Finanz- und Anleihemarkt erschreckt.

Für chinesische Kreditnehmer mit Bonitätsschwächen ist es mittlerweile so schwierig, sich zuhause Geld zu beschaffen, sodass sie auf andere Märkte ausweichen. Zuletzt lag das Volumen der hochverzinslichen Offshore-Emissionen laut den Analysten von Debtwire bereits um mehr als 80% über dem Niveau des Gesamtjahres 2018. Sollten zunehmende Handelsspannungen oder eine lockere Geldpolitik den Yuan zusätzlich belasten, könnten diese neuen Schulden, von denen ein Großteil auf Dollar lautet, zusätzliche Risiken bergen.

Der begrenzte finanzielle Spielraum der Lokalregierungen in der zweiten Jahreshälfte könnte bedeuten, dass die Geldpolitik aggressiver werden muss. Während die meisten Analysten nach wie vor nicht von einer Zinssenkung ausgehen, fordern immer mehr Stimmen von der People's Bank of China Korrekturen an anderer Stelle. Dazu gehören Zugeständnisse bei der mittelfristigen Kreditfazilität, die in den letzten Jahren eine wichtige Finanzierungsgrundlage für Banken darstellte.

Steuersenkungen und Infrastrukturausgaben waren in der ersten Jahreshälfte die Stützen der chinesischen Wirtschaft. Im weiteren Verlauf müssen möglicherweise eine lockere Geldpolitik oder eine Einigung im Handelsstreit mit den USA für Rückenwind sorgen.

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