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Kabinett billigt Budget-Eckwerte mit Ausgaben von 359,9 Mrd Euro

Erscheinungsdatum Website: 28.06.2019 17:40:01
Erscheinungsdatum Publikation: 01.07.2019

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BERLIN (Dow Jones)--Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegten Gesetzesentwurf für den Haushalt 2020 und die Finanzplanung bis 2023 gebilligt, wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte. Die aktualisierten Pläne sehen vor, dass die Bundesregierung im nächsten Jahr angesichts des schwächeren Wachstums weniger Geld ausgeben wird als zuvor geplant. Scholz hält aber trotz eines schwächeren Wachstums an dem Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts fest.

Nach den aktualisierten Haushaltsplänen sollen die Ausgaben der Bundesregierung nächstes Jahr nur noch um 1,0 Prozent statt der bisher geplanten 1,7 Prozent auf nun 359,9 Milliarden Euro steigen, nach geplanten 356,4 Milliarden in diesem Jahr. Im Jahr 2021 sollen sie um 1,8 Prozent auf 366,2 Milliarden Euro zulegen und bis 2023 auf 375,7 Milliarden Euro steigen. Den Ausgaben stehen trotz veränderter Rahmenbedingungen geplante Einnahmen in gleicher Höhe gegenüber, so dass es keine neuen Schulden gibt.

Die Revision der vom Bundeskabinett im März beschlossenen Eckwerte für den Haushalt 2020 und die Finanzplanung bis 2023 war nötig, weil sich die konjunkturellen Aussichten und damit auch die Schätzungen für die Steuereinnahmen in den nächsten Jahren eingetrübt haben. Allerdings konnte das Ministerium geringere Zinsausgaben in die Finanzplanung einkalkulieren, so ein hochrangiger Regierungsbeamte.

Kritik an Sozial- und Verteidigungsausgaben

Im Vorfeld hatte es massive Kritik an den Plänen gegeben. Besonders der Anstieg der Sozialausgaben von aktuell rund 180 Milliarden Euro auf knapp 200 Milliarden Euro im Jahr 2021 war bei den Haushältern der Union auf Vorbehalte gestoßen. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg, nannte den beschlossenen Haushaltsentwurf eine "gute Grundlage" für weitere Beratungen im Bundestag. "Angesichts der hohen globalen Minderausgaben und der Entnahmen aus der Rücklage ist offenkundig, dass der Haushalt ein strukturelles Defizit von weit über 10 Milliarden Euro aufweist", so Rehberg. "Für weitere Ausgabewünsche ohne Gegenfinanzierung gibt es keinen Spielraum mehr."

Aber auch der Bundesverband der Arbeitgeber (BDA) sah dies kritisch. "Der Bundeshaushalt zeigt eine deutliche Schräglage. Die Quote für Sozialabgaben, die auf rund 53 Prozent ansteigt, schränkt Wachstumsanreize ein und wird zum Ballast für die Wirtschaft", kritisierte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. "Zu viel rückwärtsgewandte Politik kann nicht der richtige Kompass in eine wachstumssichernde Zukunft sein."

Nachbesserungsforderungen gab es von Unionsseite auch an den geplanten Verteidigungsausgaben. Diese sollen wie geplant im nächsten Jahr deutlich gesteigert werden, danach aber deutlich abfallen. Die Nato-Quote soll wie bislang geplant im Jahr 2020 auf 1,37 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) steigen, nach 1,24 Prozent im vergangen Jahr. Danach soll die Quote aber wieder sinken, von 1,32 Prozent im Jahr 2021 auf 1,28 Prozent im Jahr 2022 bis auf 1,24 Prozent im Jahr 2023. Deutschland hat der Nato aber bis 2024 eine Steigerung auf 1,5 Prozent versprochen. Eigentlich hatte man der Nato einen Anstieg der Quote auf in Richtung 2 Prozent zugesagt. "Hier geht es um die Glaubwürdigkeit Deutschlands gegenüber unseren internationalen Partnern", kritisierte Rehberg und forderte den Finanzminister dazu auf, die Verteidigungsausgaben nach 2021 nicht abzusenken.

Ein Regierungsbeamter sagte, dass in den vergangenen Jahren die Ausgaben am Ende höher gewesen seien als zunächst geplant. Allerdings gab es von Union-Seite Kritik an den im Haushaltsgesetz festgelegten Zahlen. Dort will man die an die Nato zugesagten Verteidigungsausgaben nach wie vor erreichen und daher im Haushaltsvollzug auf höhere Militärausgaben drängen.

Investitionen sollen ab 2021 stagnieren

Die Investitionen sollen trotz des für nächstes Jahr geplanten geringeren Haushaltsvolumens um 1 Milliarde gegenüber den ursprünglichen Plänen vom März steigen. So sind für die nächsten Jahre knapp 40 Milliarden Euro jährlich vorgesehen und verharrt dann auf diesem Niveau. Damit steigt das gesamte Investitionsvolumen von 2020 bis 2023 auf 159,4 Milliarden an. Besonders der Schienenbereich soll davon profitieren. Allerdings fehlen in den Haushaltsplanungen ab 2021 die bislang fest eingeplanten jährlichen Einnahmen von 400 bis 500 Millionen Euro aus der Pkw-Maut, die der Europäische Gerichtshof vergangene Woche untersagt hat, so das Ministerium.

Gemessen an den steigenden Ausgaben des Gesamthaushalts und des BIP wird die Investitionsquote allerdings fallen, was bei der Opposition, aber auch bei Unternehmern zur Kritik geführt hat.

"Fehlende Investitionen in die Zukunft haben sich inzwischen zu einem enormen Schuldenberg aufgehäuft", mahnte Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen. "Den sieht man zwar im Haushalt nicht, aber die nachfolgenden Generationen werden die geringen Investitionen teuer bezahlen müssen."

Auf den Haushalt könnten noch zusätzliche Belastungen zukommen. So ist die von der großen Koalition geplante, aber noch nicht beschlossene Grundrente ebenso wenig in den Planungen enthalten wie mögliche zusätzliche Belastungen durch den Brexit. Der Bund plant in seinem Budget zudem damit, dass jährlich rund 3,7 Milliarden Euro an Mitteln aus den Etats nicht abgerufen werden, und setzt dafür eine "Bodensatz-Globale-Minderausgabe" von 1 Prozent des Etats an.

DJG/aat/apo/jhe/01.07.2019

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