Euro Intern

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Draghi: Wechselkurs ist kein Politikziel der EZB

Erscheinungsdatum Website: 21.06.2019 18:30:07
Erscheinungsdatum Publikation: 24.06.2019

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FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Präsident Mario Draghi hat den von US-Präsident Donald Trump implizit erhobenen Vorwurf zurückgewiesen, den Euro-Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar absichtlich zu schwächen. "Der Wechselkurs ist keine Zielgröße der Geldpolitik", sagte Draghi bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen des geldpolitischen Forums im portugiesischen Sintra. Die EZB habe ein mittelfristiges Preisstabilitätsmandat von knapp 2 Prozent und er habe lediglich gesagt, welche Instrumente die EZB einsetzen könne, um dieses Ziel zu erreichen.

Draghi hatte sich am Morgen in seiner mit Spannung erwarteten Rede beim geldpolitischen Forum in Sintra etwas entschlossener als bisher zu einer möglichen geldpolitischen Lockerung geäußert. Er stellte für den Fall eines anhaltend schwachen Ausblicks auf die jeweiligen Umstände zugeschnittene geldpolitische Maßnahmen in Aussicht, die von Zinssenkungen und einen abgestuften Einlagenzins bis zu einer abermaligen Vergrößerung der Anleihebestände (QE) reichten. Er sagte außerdem, dass die Indikatoren für die nächsten Quartale eine Schwäche andeuteten.

Besonders die Möglichkeit eines abgestuften Einlagenzinses betonte Draghi etwas stärker als zuletzt, weil er im Gegensatz zu früheren Äußerungen nicht in einem Nebensatz anzweifelte, dass der negative Einlagenzins ungewünschte Nebenwirkungen für die Banken haben könnte. Draghi sagte in der Podiumsdiskussion: "Wir betrachten die Implementierung dieser mildernden Maßnahmen als Teil einer möglichen Zinssenkung."

Trump schrieb darauf im Kurznachrichtendienst Twitter: "Mario Draghi hat gerade angekündigt, dass es zu einem neuen Stimulus kommen könnte, und das hat sofort den Euro gegenüber dem Dollar fallen lassen. Das erleichtert ihnen den Wettbewerb mit den USA in unfairer Weise. Damit sind sie jahrelang durchgekommen, zusammen mit China und anderen."

ING-Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski hatte kürzlich darauf hingewiesen, dass die EZB mit einer Abstufung des Einlagenzinses vom "Bankkreditkanal" auf den "Wechselkurskanal" wechseln würde. Damit könnte die Eurozone als Wechselkursmanipulator auf den Radar der US-Behörden geraten, gab Brzeski zu bedenken.

Dahinter steckt die Annahme, dass Banken nur dann ihre Kreditvergabe erhöhen, wenn sie dazu von einem "nicht abgemilderten" negativen Einlagenzins angereizt werden. Stellt die EZB dagegen einen Teil der Überschusseinlagen vom Strafzins ganz oder teilweise frei, fiele das Kreditargument weg, und es bliebe nur noch die Schwächung des Wechselkurses.

DJG/hab/kla/24.06.2019

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