Märkte der Welt

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Erscheinungsdatum Website: 08.05.2019 12:40:35
Erscheinungsdatum Publikation: 09.05.2019

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Die Zukunft der Incoterms / Interview mit Oliver Wieck, Generalsekretär der ICC in Deutschland

FRANKFURT (NfA)--Alle zehn Jahre werden die Incoterms® überarbeitet. Die neue Ausgabe (2020) wird im Herbst von der Internationalen Handelskammer (ICC) veröffentlicht und erlangt zum Jahreswechsel ihre Gültigkeit. Zehn Jahre sind eine lange Zeit, eine zu lange Zeit? Diese Frage haben wir Oliver Wieck gestellt, General

Was hat sich im internationalen Handel geändert, dass die Änderung der Incoterms 2010 zwingend erscheint?

Nach rund zehn Jahren Incoterms 2010 war eine Überarbeitung und Anpassung der Incoterms-Klauseln mehr als überfällig. Es wurden eine Reihe von Klarstellungen und Änderungen vorgenommen, die neuen Regeln sind jetzt deutlich übersichtlicher und anwenderfreundlicher strukturiert. Mit den inhaltlichen Anpassungen der Incoterms-Klauseln wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die Abwicklung des internationalen Handels in den letzten zehn Jahren deutlich verändert hat.

Sie plädieren für eine kürzere Frist der Überarbeitung. Warum ist dies Ihrer Ansicht nach geboten?

Bis 2010 war eine Erscheinungsweise alle zehn Jahre ein Rhythmus, mit dem man gut zurechtgekommen ist. Angesichts der Veränderungen im internationalen Handel nicht nur aber insbesondere durch die Digitalisierung könnte es künftig sinnvoll sein, die Incoterms-Regeln häufiger auf ihre Aktualität hin zu überprüfen. Dies gilt insbesondere für die im Jahr 2010 eingeführten Erläuterungen zum Umgang mit den einzelnen Klauseln. Sie werden meines Erachtens künftig weiter an Bedeutung gewinnen. Und es ist sicherlich überlegenswert, künftig schneller auf veränderte Bedarfe der Märkte zu reagieren, als dies bisher der Fall war.

Wo sehen Sie Fehlerquellen bei der Anwendung der Klauseln?

Die Incoterms-Regeln gelten erst dann, wenn sich die Geschäftspartner im Vertrag darauf einigen. Es ist es deshalb unerlässlich, dass Incoterms-Nutzer den Anwendungsbereich der verschiedenen Klauseln genau kennen. Die Klauseln EXW (der Käufer holt die Ware beim Verkäufer ab) oder DDP (der Verkäufer stellt die Ware am Bestimmungsort zur Verfügung) - sind nur in Ausnahmefällen die beste Lösung. Wir haben allerdings die Erfahrung gemacht, dass die anderen (neun) Incoterms-Klauseln nicht nur in mittelständischen Unternehmen wenig bekannt sind. Hier wollen wir im Verlauf dieses und der kommenden Jahre aufzeigen, welche Möglichkeiten die verschiedenen Incoterms-Klauseln bieten.

Spielt die zunehmende Digitalisierung wirtschaftlicher Prozesse eine Rolle?

Die Incoterms-Klauseln setzen weltweit gültige Standards zu den Lieferbedingungen. Die ICC ist sich ihrer Verantwortung bewusst, jede neue Anpassung der Standards erfolgt nach dem von Prof. Jan Ramberg - ?Vater? der modernen Incoterms-Regeln - verfolgten Prinzip: ?Incoterms should be in pace with trade practice?. Die Incoterms-Klauseln beschreiben einen Vorgang, der sich auch mit der zunehmenden Digitalisierung des Handels nicht völlig verändern wird: es wird auch künftig Verkäufer und Käufer geben; auch in der Plattform-Ökonomie werden Waren von A nach B versendet, und auch künftig werden dazu verschiedene Transportmittel eingesetzt. Aber der Teufel steckt auch hier im Detail und der Bedarf an klaren und transparenten Regeln zu den Rechten und Pflichten von Verkäufern und Käufern wird gerade beim digitalen Handel künftig eher noch zunehmen.

Was raten Sie den Unternehmen?

Die neuen Incoterms treten am 1. Januar 2020 in Kraft, und wir können nur jedem, der in Europa oder international Handel treibt, empfehlen, sich noch in diesem Jahr mit den neuen Incoterms -Regeln zu beschäftigen. Unsere eintägigen Schulungen ab September 2019 bieten den Incoterms-Experten die notwendige Aktualisierung ihres Wissensstands und allen anderen eine gute Gelegenheit, sich mit den einzelnen Incoterms 2020-Klauseln und den Lieferbedingungen im Detail zu beschäftigen. Dazu gehört auch die Frage, ob die bisherige Unternehmenspraxis weiter fortgesetzt werden soll. Schon heute kann unter www.incoterms2020.de die englisch-deutsche Version der Incoterms 2020 vorbestellt sowie die in ganz Deutschland angebotenen Schulungen gebucht werden.

Wie sieht der Handel der Zukunft aus?

Der überwiegende Teil des internationalen Handels wird in 10 bis 15 Jahren digital erfolgen; die Produkte werden noch weiter individualisiert. Dies eröffnet zusätzliche Chancen für kleinere und mittlere Anbieter, die ?online? und mit individualisierten Angeboten die weltweiten Märkte bedienen können. Künftig werden Produkte nicht mehr ?Made in Germany? sondern ?Made in Internet? sein: z.B. entwickelt und designed in den USA, produziert in Deutschland, zusammengebaut in China zum Verkauf in der ganzen Welt.

Gerade weil sich damit auch für Unternehmen in weniger entwickelten Ländern neue Chancen und Möglichkeiten ergeben, setzt sich die ICC seit Längerem für den Abschluss eines plurilateralen Rahmenabkommens zum digitalen Handel ein. Umso mehr freuen wir uns, dass 47 Länder, die rund 90 Prozent des Welthandels abdecken, im Januar 2019 unter der Ägide der WTO die Verhandlungen aufgenommen haben. Ein solches Abkommen würde künftig auch kleinen und mittleren Unternehmen neue Chancen eröffnen, grenzüberschreitend Güter und Dienstleistungen über das Internet anzubieten. Im Rahmenabkommen müssen dabei ganz unterschiedliche Fragen beantwortet werden, angefangen mit dem grenzüberschreitenden Datenverkehr, dem Datenschutz und der Datenspeicherung, der Abschaffung von Zöllen für elektronische Übermittlungen oder der gegenseitige Anerkennung von e-Verträgen.

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