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Deutsche Bank und Commerzbank sagen Fusion ab

Erscheinungsdatum Website: 26.04.2019 00:10:03
Erscheinungsdatum Publikation: 29.04.2019

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FRANKFURT (Dow Jones)--Ein Zusammenschluss von Deutscher Bank und Commerzbank ist vom Tisch. Wie beide Institute nach wochenlangen Sondierungsgesprächen mitteilten, wollen sie von weiteren Verhandlungen absehen. Damit muss die Bundesregierung die Hoffnung begraben, beide Banken zu stärken und ein global starkes Banken-Powerhouse zu schaffen, das die deutsche Wirtschaft im In- und Ausland unterstützt. Auch wird es nun wahrscheinlich zu frischen Avancen durch andere Banken für eine oder beide Banken kommen, was im europäischen Bankensektor zur größten Neuordnung seit der Finanzkrise führen könnte.

Nach der Ankündigung sanken die Aktien der Commerzbank um mehr als 2,5 Prozent, während die Papiere der Deutschen Bank gegenläufig fast 4 Prozent im Plus notierten.

Umsetzungsrisiken, Restrukturierungskosten und Kapitalanforderungen

Ein Zusammenschluss würde "keinen ausreichenden Mehrwert" bieten, "auch mit Blick auf die Umsetzungsrisiken, Restrukturierungskosten und Kapitalanforderungen, die mit einer solch großen Integration einhergehen", teilten beide Institute übereinstimmend mit.

Letztendlich konnten sich beide Banken nicht einigen, wie sie die vielfältigen Herausforderungen eines Zusammengehens meistern würden - zum einen sind das die jahrelange Integration von Banken-IT, Back Offices und Geschäftsbereichen, zum anderen die Verwässerung für die Aktionäre durch notwendige Kapitalmaßnahmen.

Beide Banken entwickeln sich anhaltend schwach, obwohl sie in den vergangenen Jahren Milliarden für ihre Restrukturierung ausgegeben, das Management ausgetauscht und Arbeitsplätze abgebaut haben, um ihre jeweilige Position im Markt zu stärken. Der Druck war deshalb hoch - von Seiten von Investoren und der Bundesregierung, die 15,6 Prozent an der Commerzbank hält -, eine Lösung zur Stärkung beider Banken zu finden. Diese hätte durch drastische Kostensenkungen erreicht werden können - durch den Abbau von Arbeitsplätzen, aber auch durch niedrigere Finanzierungskosten für die Deutsche Bank, die unter anderem von der hohen Privatkundenbasis der Commerzbank profitiert hätte.

Allerdings sind nach wie vor beide Institute mit sich selbst beschäftigt und setzen auf mehrere Jahre angelegte Restrukturierungen. Die Zusammenführung zweier solcher Großbanken habe sich als schwierig erwiesen, sagten mit dem Prozess vertraute Personen. Die Commerzbank deutete in ihrer Stellungnahme an, dass sie nicht überzeugt war, über einen Zusammenschluss mit der Deutschen Bank "höhere und nachhaltigere Renditen" für die Aktionäre erreichen und die Leistungen für die Kunden verbessern zu können.

Zweifel kamen auch von Investoren und Gewerkschaften. Viele Anleger zeigten sich skeptisch, ob eine Zusammenführung die Profitabilitätsprobleme löst. Auch fürchteten Aktionäre eine größere Kapitalerhöhung. Die Gewerkschaften warnten vor dem Wegfall von rund 30.000 Stellen und wehrten sich entsprechend gegen einen Zusammenschluss.

Und nun?

Beide Banken allein stehen vor immensen Herausforderungen, auch wenn viele Investoren die Commerzbank mittlerweile in einer stabileren Verfassung sehen als die Deutsche Bank. Allerdings musste die Commerzbank zuletzt sowohl ihre Ertrags- als auch ihre Renditeziele für 2020 kassieren. Mit den seit 2016 laufenden Restrukturierungsmaßnahmen hat die Commerzbank ihren Fokus verengt und sowohl die Kundenbasis als auch die Kreditvergabe für den Mittelstand erhöht.

Damit wird sie zu einem möglichen Übernahmeziel für eine ausländische Bank. Die Frage dürfte nun sein, ob sich Unicredit aus der Deckung wagt. Die italienische Bank, die in Deutschland mit der Hypovereinsbank vertreten ist, hat angedeutet, dass sie bei einem Scheitern der Gespräche zwischen Deutscher und Commerzbank ein Gebot erwäge, sagte eine mit der Bank vertraute Person. Immer mal wieder als Interessenten genannt wurden auch Eurozone-Banken wie BNP Paribas, Banco Santander SA und ING Groep.

Die Deutsche Bank könnte im Alleingang gezwungen sein, ihre Herausforderungen anzugehen: das sind die starke Abhängigkeit vom Handelsgeschäft und Investmentbanking, die hohen Finanzierungskosten und der Verlust von Marktanteilen an US-Wettbewerber. Mit oder ohne Fusion haben manche Investoren und Analysten der Bank geraten, das Investmentbanking entweder herunterzufahren oder ganz auszusteigen. Viele Möglichkeiten der Restrukturierung wurden bereits geprüft, jüngst die Einrichtung einer separaten Einheit mit nicht mehr benötigten Aktiva und Geschäftsbereichen, die geschlossen werden könnten. Auch die Möglichkeit wurde diskutiert, die Vermögensverwaltungssparte von DWS mit der Sparte der UBS AG zu kombinieren.

Die Deutsche Bank teilte mit, sie werde "weiterhin alle Alternativen prüfen, um langfristig die Profitabilität und die Renditen für ihre Aktionäre zu steigern". Commerzbank-Chef Martin Zielke erklärte, dass die zweitgrößte börsennotierte deutsche Bank bei ihrer bisherigen Strategie bleiben werde. "Wir werden unser Wachstum gemeinsam mit unseren Kunden vorantreiben und konsequent in die Zukunft investieren", so der Manager.

Finanzminister äußert Verständnis - herber Schlag

Für die Bundesregierung ist die geplatzte Fusion ein herber Schlag, auch wenn sie letztendlich öffentlich den Spitzenmanagern beider Banken die Entscheidung überließ, ob ein Zusammengehen Sinn mache. Das Finanzministerium hatte in der Hoffnung auf einen starken europäischen Bankenchampion, der die deutsche Industrie im In- und Ausland unterstützen könnte und dies auch bei einer Abschwächung der Wirtschaft tun würde, ein Zusammengehen unterstützt.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz reagierte mit Verständnis auf das Ende der Gespräche. Gleichzeitig betonte er aber die Notwendigkeit von wettbewerbsfähigen Banken für die deutsche Wirtschaft.

"Die global agierende deutsche Industrie braucht konkurrenzfähige Kreditinstitute, die sie in aller Welt begleiten können", sagte Scholz in einer Stellungnahme. "Solche Kooperationen machen nur Sinn, wenn sie sich betriebswirtschaftlich rechnen und auf ein belastbares Geschäftsmodell zusteuern."

Gespräche waren Mittwochabend ins Stocken geraten

Die beiden Institute hatten nach monatelangen Spekulationen Mitte März "ergebnisoffene" Gespräche angekündigt. Bereits am Mittwochabend hatten aber mit den Vorgängen vertraute Personen gesagt, dass die Verhandlungen über einer ganzen Reihe strittiger Themen, wie die mangelnde Unterstützung von Investoren und der Widerstand der Arbeitnehmervertreter, ins Stocken geraten seien. Im Gegensatz zur Ankündigung von Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner, dass die Bank die Investoren bis zur Vorlage der Erstquartalszahlen Ende dieser Woche informieren würde, hatten beide Banken Stand Mittwochabend keine Pläne, bis Freitag über das Ergebnis der Verhandlungen zu berichten.

DJG/mgo/uxd/jhe/29.04.2019

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