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Ukraine-Wahlkampf geht nach Selenskyj-Sieg weiter

Erscheinungsdatum Website: 23.04.2019 13:20:02
Erscheinungsdatum Publikation: 24.04.2019

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KIEW (APA)--Nach dem Erdrutschsieg von Wolodymyr Selenskyj hat sich die politische Konfrontation zwischen dem Lager des unterlegenen Kandidaten Petro Poroschenko und dem designierten Präsidenten in das ukrainische Parlament verlagert. Anhänger Poroschenkos ließen keinen Zweifel, dass Selenskyj in Ermangelung der nötigen parlamentarischen Mehrheit große Probleme haben werde, Schlüsselposten zu besetzen.

"Wir kommen in eine Situation, in der zwei Staatsgewalten (Präsident und Parlament) miteinander in einem sehr unangenehmen Clinch liegen", erklärte der prominente Abgeordnete Wolodymyr Arjew vom Block Petro Poroschenko gegenüber der APA. Er kündigte an, dass seine Fraktion wohl für keinen der bisher öffentlich diskutierten Kandidaten stimmen würde, die Neopräsident Selenskyj laut Verfassung nominieren kann.

Artikel 106 der ukrainischen Verfassung sieht vor, dass das ukrainische Staatsoberhaupt der Werchowna Rada Kandidaten für die Ämter des Außenministers, des Verteidigungsminister, des Generalstaatsanwalts sowie des Geheimdienstchef vorschlagen kann. Ohne parlamentarische Mehrheit können sie jedoch nicht ernannt werden, auch die Ablöse bisheriger Amtsträger ist nicht möglich.

Bei Selenskyj selbst ließ man zuletzt keinen Zweifel, dass man eine derartige Blockadepolitik nicht akzeptieren würde. "Der Status Quo und Wolodymyr sind unvereinbar. Einerseits gibt es einen in der Kommunikation äußerst erfahrenen und populären gewählten Präsidenten, andererseits ein sehr unpopuläres Parlament", sagte am Wahlabend der ehemalige Wirtschaftsminister und Selenskyj-Unterstützer Aivaras Abromavicius zur APA. Es sei nicht schwer zu erraten, wer bei einer solchen Konfrontation den Kürzeren ziehen werde, betonte er.

Wolodymyr Selenskyj selbst hatte vergangene Woche gegenüber dem Online-Medium RBK Ukrajina Präferenzen für eine vorzeitige Auflösung des Parlaments erkennen lassen, das regulär im Oktober neu gewählt werden müsste. Eine diesbezügliche Umfrage auf einer Facebook-Seite vermeintlicher Selenskyj-Wahlkämpfer wurde am Dienstag von Selenskysjs Stab jedoch offiziell als "Fake" bezeichnet. Unabhängig vom künftigen Präsidenten hatten sich zuletzt aber auch vereinzelte Abgeordnete des Block Petro Poroschenko für vorgezogene Neuwahlen ausgesprochen.

Nach der deutlichen Niederlage strebt der abgewählte Poroschenko nun eine baldige Rückkehr ins höchste Amt an. "Gemeinsam bereiten wir uns auf den Sieg bei den nächsten Parlamentswahlen vor, gemeinsam kehren wir nach den nächsten Präsidentschaftswahlen ins Präsidialamt zurück", sagte er vor Hunderten Anhängern in Kiew.

Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in der Ukraine hatte sich der Schauspieler und Komiker Selenskyj am Sonntag klar gegen Amtsinhaber Petro Poroschenko durchgesetzt. Wie die Wahlkommission am Montag nach Auszählung von 85% der Stimmen bekanntgab, kam der 41-Jährige auf 73,2%. Poroschenko, der schon am Wahlabend seine Niederlage eingeräumt hatte, bekam demnach nur 24,4%.

Nach der Präsidentenwahl in der Ukraine hofft die russische Regierung auf bessere Beziehungen zu Kiew. Ministerpräsident Dmitri Medwedew schrieb am Montag auf seiner Facebook-Seite, nach dem Wahlsieg des Politikneulings Wolodymyr Selenskyj bestehe "eine Chance, die Zusammenarbeit mit unserem Land zu verbessern". Er mache sich aber insgesamt "keine Illusionen", fügte Medwedew hinzu.

Selenskyj hat versprochen, den pro-westlichen Kurs seines Vorgängers fortzusetzen. Nach seinem Wahlsieg kündigte er zudem neue Friedensgespräche für die Ostukraine an. Er werde "die Minsk-Gespräche fortsetzen, sie neu aufnehmen", sagte Selenskyj. Zudem versprach er, für die Rückkehr der Ukrainer zu sorgen, die in den von Separatisten kontrollierten Gebieten und in Russland festgehalten werden.

Auch die Bundesregierung und die EU haben dem Land ihre Unterstützung zugesagt. Die Bundesregierung werde der Ukraine "insbesondere in ihrem Recht auf Souveränität und territoriale Integrität" zur Seite stehen, heißt es in einem Glückwunschschreiben von Bundeskanzlerin Angela Merkel, das eine Regierungssprecherin am Montag veröffentlichte. Die US-Regierung sicherte der Ukraine laut Außenamtssprecherin Morgan Ortagus Unterstützung gegen die "Aggression" Russlands zu.

gus/24.4.3019

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