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Abgestufte Einlagenzinsen spielten bei EZB-Rat noch keine Rolle

Erscheinungsdatum Website: 04.04.2019 22:50:02
Erscheinungsdatum Publikation: 08.04.2019

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FRANKFURT (Dow Jones)--Eine Abstufung des Einlagenzinses für Banken hat in den Diskussionen des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB) am 7. März 2019 noch keine Rolle gespielt. Wie aus dem jetzt veröffentlichten Sitzungsprotokoll hervor geht, wurden zwar die negativen Nebenwirkungen niedriger Zinsen für Banken allgemein angesprochen, nicht jedoch mögliche Gegenmaßnahmen.

Die beschlossene dritte Serie langfristiger, gezielter Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO3) wurde in der Diskussion nicht alleine als ein Mittel zur Absicherung einer ausreichenden Liquidität der Banken, sondern auch als eine vorausschauende Maßnahme zur "Versicherung" gegen Risiken gesehen. Die TLTRO3 sollen grob nach dem Vorbild der TLTRO2 gestaltet werden.

Laut Protokoll wurden in den Beratungen "Sorgen laut, dass die anhaltend niedrigen Zinsen die Zinsmargen der Banken und ihre Profitabilität drücken könnten, was längerfristig Auswirkungen für ihre Fähigkeit zur Keditvergabe und für die Finanzstabilität haben könnte". Dabei wurde darauf hingewiesen, dass sich die Auswirkungen niedriger Zinsen über das Laufzeitenspektrum und von Bank zu Bank unterschieden - je nach Geschäftsmodell und Struktur von Forderungen und Verbindlichkeiten.

EZB-Präsident Mario Draghi hatte kürzlich gesagt, dass die EZB falls erforderlich nach Wegen suchen werde, die Banken gegen die nachteiligen Auswirkungen des negativen Zinses auf Überschusseinlagen bei der Zentralbank schützen können. Chefvolkswirt Peter Praet hatte bestätigt, dass die EZB dabei auch über ein Staffelzinssystem nachdenke, zugleich aber Zweifel geäußert, dass ein solches System derzeit notwendig ist.

Die EZB hatte ihre Geldpolitik am 7. März überraschend gelockert. Sie sagte zu, ihre Zinsen jetzt mindestens bis Ende (bisher: Herbst) 2019 unverändert zu lassen, wodurch sich auch die Frist verlängert, innerhalb derer sie die Erträge fällig gewordener Anleihen voll anlegt. Die EZB kündigte zudem an, ab September 2019 bis März 2021 jedes Quartal ein Refinanzierungsgeschäft mit zweijähriger Laufzeit (TLTRO3) zu begeben.

Der Zinssatz ist über die Laufzeit der einzelnen Geschäfte an den Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte gekoppelt. Wie die ausstehenden TLTRO2 werden die neuen Geschäfte Anreize enthalten, die dafür sorgen, dass die Kreditbedingungen günstig bleiben. Die EZB behält sich vor, die Tender-Konditionen während des Programms zu ändern.

Im Protokoll heißt es zu den TLTRO3: "In der Diskussion wurde die überwiegend vorbeugende Wirkung der TLTRO3 hervorgehoben. Sie würden als Absicherung für die Wirtschaft in Zeiten hoher Unsicherheit mit abwärts gerichteten Risiken wirken." Erwähnt wurde in der Diskussion demnach auch die Notwendigkeit, die neuen Geschäfte ähnlich den TLTRO2 zu gestalten. Kredite sollten an die Realwirtschaft fließen, der Einsatz in Carry Trades, wie dem Ankauf von Staatsanleihen, sollte eingeschränkt werden.

Die EZB begründete ihre Lockerungsmaßnahmen mit der erheblichen Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, die sich 2019 fortsetzen dürfte. Der volkswirtschaftliche Stab der EZB senkte seine Wachstums- und Inflationsprognose für das laufende Jahr deutlich, die Prognosen für die beiden Folgejahre weniger stark. Seither veröffentlichte Daten bestätigen diese Erwartung.

DJG/hab/sha/08.04.2019

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