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Scholz: Regierung setzt Mittel im Haushalt 2020 gezielt für Prioritäten ein

Erscheinungsdatum Website: 20.03.2019 16:26:04
Erscheinungsdatum Publikation: 21.03.2019

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BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat seine umstrittene Budgetplanung für 2020 und die drei folgenden Jahre gegen Kritik verteidigt. "Die beschlossenen Eckwerte sind Ausdruck einer Finanzpolitik, die verlässlich ist und die richtigen politischen Schwerpunkte setzt", sagte Scholz bei einer Pressekonferenz in Berlin. "Die Regierung setzt um, was sie beschlossen hat." Sein Leitprinzip sei "eine gestaltende Finanzpolitik".

In den vom Bundeskabinett am Mittwoch gebilligten Eckwerten für den Haushalt 2020 und die Finanzplanung bis 2023 hält Scholz trotz eines schwächeren Wachstums an einem ausgeglichenen Bundeshaushalt fest. Die Ausgaben sollen nächstes Jahr um 1,7 Prozent auf 362,6 Milliarden Euro steigen, nach geplanten 356,4 Milliarden in diesem Jahr. Im Jahr 2021 sollen sie um 1,0 Prozent auf 366,1 Milliarden Euro zulegen und bis 2023 auf 375,1 Milliarden Euro steigen. Den Ausgaben stehen geplante Einnahmen in gleicher Höhe gegenüber, sodass es keine neuen Schulden gibt.

Scholz sprach angesichts der schwächeren Konjunktur von einem "Normalfall" der Finanzpolitik. "Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ist nach wie vor gut", betonte er. Die hohe Beschäftigung und steigende Löhne sorgten für eine starke Binnennachfrage - zugleich normalisierten sich die Zuwächse beim Wirtschaftswachstum und bei den Steuereinnahmen. Die Regierung werde deshalb die Haushaltsmittel gezielt für Investitionen in die Zukunft einsetzen, "die den Zusammenhalt unserer Gesellschaft stärken und die die Grundlage für den Wohlstand von morgen schaffen".

Nato-Quote soll sinken

Damit die schwarze Null zu halten ist, müssen nach Scholz' Planungen aber alle Ressorts Beiträge leisten. Angesetzt wird ein pauschaler Sparbeitrag von insgesamt 2,5 Milliarden Euro. Die Planungen haben deshalb im Vorfeld schon zu massiver Kritik an dem Finanzminister geführt. Hauptstreitpunkt sind Einschnitte bei Flüchtlingshilfen und die mittelfristigen Planungen für den Verteidigungshaushalt und die Entwicklungshilfe, die hinter früheren Zusagen zurückbleiben.

Mehrere Länderchefs haben massiv kritisiert, dass Scholz die Bundesmittel für die Flüchtlingsintegration von bisher jährlich 4,7 Milliarden Euro auf 1,3 Milliarden zurückfahren will. Im Verteidigungshaushalt sind zwar für 2020 rund 2,1 Milliarden Euro mehr gegenüber dem Finanzplan für 2019 eingeplant, womit die Nato-Quote der Rüstungsausgaben im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung auf 1,37 Prozent anstiege. Danach soll die Quote aber wieder sinken, von 1,33 Prozent im Jahr 2021 über 1,29 Prozent 2022 bis auf 1,25 Prozent im Jahr 2023.

Deutschland hat der Nato aber eine Steigerung auf 1,5 Prozent versprochen. Die USA pochen auf deutlich mehr Mittel, und der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, hat Scholz' Planungen bereits heftig kritisiert. Die Nato-Staaten wollen eigentlich ihre Verteidigungsausgaben bis 2024 in Richtung 2 Prozent steigern. Anstatt eines Anstiegs soll zudem die sogenannte ODA-Quote der Entwicklungshilfe 2020 mit 0,51 Prozent der Wirtschaftsleistung lediglich stabil bleiben und nicht wie angestrebt in Richtung 0,7 Prozent steigen.

Zusätzliche Belastungen möglich

Scholz wies die Kritik jedoch erneut zurück. Mit Blick auf die Verteidigungsausgaben sprach er von einer "Trendwende". Für die Folgejahre betreibe man aber "konservative Planungen" und schaue, "was möglich ist, wenn das Jahr näher kommt". In den vergangenen Jahren habe der Verteidigungsetat weit über den Plan hinausgehende Steigerungen gesehen. Die Frage der Flüchtlingskosten habe mit den Eckwerten "gar nichts zu tun", sagte er weiter.

Auf den Haushalt könnten aber noch zusätzliche Belastungen zukommen. So sind noch nicht endgültig beschlossene Projekte wie die Grundrente ebenso wenig in den Planungen enthalten wie zusätzliche Belastungen durch den Brexit. Scholz kündigte an, für die Grundrente zu einem späteren Zeitpunkt ein gemeinsames Finanzierungskonzept mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorzulegen. "Die Grundrente kann funktionieren und ist auch machbar", konstatierte er.

Der Bund plant in seinem Budget zudem damit, dass jährlich rund 3,7 Milliarden Euro an Mitteln aus den Etats nicht abgerufen werden, und setzt dafür eine "Bodensatz-Globale-Minderausgabe" von 1 Prozent des Etats an. Scholz bezeichnete diese Annahme als "sehr sicher" und wollte nicht einräumen, dass die schwarze Null gefährdet sei, falls mehr Mittel abgerufen würden als angenommen. "Ich kann solche Dreisatzaufgaben nicht lösen", sagte der SPD-Politiker.

Die Opposition übte allerdings erneut scharfe Kritik an den Planungen. "Von Zukunft gibt es keine Spur im Haushalt von Olaf Scholz", sagte der Grünen-Haushaltssprecher Sven-Christian Kindler. Die Investitionen würden eingefroren, und die Ausgaben für Klimaschutz in Deutschland würden gekürzt. Für den Kampf gegen Hunger und den internationalen Klimaschutz fehle das Geld. Die dringend notwendige Grundrente werde auf das Jahr 2021 verschoben und sei bisher nicht im Finanzplan eingeplant. "Die Eckwerte zeigen: Diese Koalition hat abgewirtschaftet", meinte Kindler.

DJG/ank/apo

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