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Für Orban und seine Fidesz-Partei wird es eng

Erscheinungsdatum Website: 01.03.2019 14:15:03
Erscheinungsdatum Publikation: 04.03.2019

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BRÜSSEL (AFP)--Ungarns Regierungschef Viktor Orban sorgt seit Jahren für Ärger in der EU. Mit seiner Plakatkampagne gegen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist auch für viele in der Europäischen Volkspartei (EVP) das Maß voll. Am Mittwoch berät die EVP-Fraktion im Europaparlament über die Frage, ob Orbans nationalkonservative Fidesz-Partei ausgeschlossen werden sollte. Dies wäre eine Premiere in der EVP-Geschichte. Wie das Ausschlussverfahren funktioniert:

1 von 51 EU-Parteien

Die EVP besteht seit 1976 und ist eine Dachorganisation christlich-demokratischer und konservativ-bürgerlicher Parteien. Innerhalb der EU hat sie 51 Mitgliedsparteien aus 27 Ländern, hinzu kommen gut 30 assoziierte Parteien aus anderen Staaten. Aus Deutschland gehören der EVP CDU und CSU an. In der EVP-Fraktion im Europaparlament stellt Orbans Fidesz elf Abgeordnete, hinzu kommt ein Vertreter der ungarischen Christlich-Demokratischen Volkspartei, die mit Fidesz verbündet ist.

Zwei Wege für Antrag auf Ausschluss

Nach der EVP-Parteisatzung gibt es zwei Möglichkeiten, um das Parteiausschlussverfahren auf den Weg zu bringen: Entweder beantragen dies mindestens sieben EVP-Mitgliedsparteien aus mindestens fünf Ländern oder der 16-köpfige Parteivorstand mit dem französischen Parteichef Joseph Daul, seinen zehn Stellvertretern und weiteren Funktionären stellen den Antrag.

Entscheidung

Über den Ausschluss befinden würde dann die politische Versammlung der EVP, eine Art Präsidium. Es besteht aus dem Parteivorstand, der Fraktionsführung sowie jeweils einem Vertreter aus den Mitgliedsparteien. Für den Ausschluss würde eine Mehrheit der anwesenden Vertreter ausreichen. Gründe für die Entscheidung müssen nicht genannt werden.

Termine

Bei einer Fraktionssitzung am Mittwochvormittag wird erstmals in einem EVP-Gremium über den Fall Orban beraten. Am selben Tag kommt auch der Parteivorstand zusammen. Die politische Versammlung tagt dann tournusmäßig das nächste Mal am 20. März. Je nach Entwicklung könnte hier dann gut zwei Monate vor der Europawahl schon eine Abstimmung über den Parteiausschluss stattfinden.

ost/4.3.2019

Der Spitzenkandidat der EVP bei der Europawahl, Manfred Weber, schließt einen Ausschluss der Fidesz-Partei nicht mehr aus. "Alle Optionen liegen auf dem Tisch", sagte Weber dem Spiegel. "Wir reden darüber derzeit innerhalb der EVP."

Acht der 51 EU-Mitgliedsparteien der EVP aus Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden, Finnland und Portugal haben inzwischen angekündigt, dass sie einen Ausschluss der Fidesz-Partei fordern wollen. Damit wäre die nach der Parteisatzung nötige Schwelle von sieben Mitgliedsparteien aus fünf Ländern zum Start des Ausschlussverfahrens erreicht.

Nach AFP-Informationen aus der EVP-Führung um Parteichef Daul waren aber noch nicht alle entsprechenden Schreiben eingegangen. Wird das Quorum erreicht, könnte schon am 20. März die Politische Versammlung der EVP über den Ausschluss abstimmen. Nötig ist dafür die Mehrheit der anwesenden Vertreter. Alternativ zum Ausschluss wäre auch eine vorübergehende Aussetzung der Fidesz-Mitgliedschaft möglich.

Aus der EVP hieß es, viel hänge von der Positionierung der deutschen Unionsparteien ab, welche den größten Block in dem europäischen Parteienverbund stellen. "Viktor Orban hat mit seinen Äußerungen und seiner Plakataktion der EVP schwer geschadet", sagte Weber dem Spiegel. "Deswegen erwarte ich von ihm, dass er sich dafür entschuldigt und die Aktion beendet."

Unabhängig davon könne aber auch dann nicht zur Tagesordnung übergegangen werden, fügte Weber an. "Das hat eine neue Qualität, da reichen Appelle nicht mehr aus. Wir werden sehr bald zu konkreten Aktionen kommen."

Drei Monate vor der Europawahl warf Weber Orban vor, sich Rechtspopulisten in Italien und Polen anzunähern. "Gerade wenn es um den Stil geht oder fundamentale Fragen der demokratischen Ordnung, gibt es einiges an Überschneidungen mit Lega-Chef Matteo Salvini und PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski. Das ist nicht mein Weg und auch nicht der Weg der EVP."

ost/4.3.2019

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