Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Scholz und Weidmann dämpfen Besorgnisse im Handelsstreit

Erscheinungsdatum Website: 15.10.2018 17:20:03
Erscheinungsdatum Publikation: 16.10.2018

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NUSA DUA (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann haben bei der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf Bali die Befürchtung einer Eskalation der internationalen Handelskonflikte gedämpft. Man habe inzwischen "eine gewisse Stimmungsänderung wahrgenommen", sagte Weidmann bei einer Pressekonferenz in Nusa Dua. Es stehe immer noch eine Eskalation des Streits der USA mit China im Raum, jedoch habe es Entwicklungen gegeben, "die dieses unkontrollierte Eskalationsszenario etwas unwahrscheinlicher erscheinen lassen", fügte er hinzu.

IWF-Chefin Christine Lagarde forderte ihrerseits bei einer Pressekonferenz in Bali ein Ende der Handelskonflikte. "Deeskaliert und redet bitte miteinander, das ist ganz klar die Botschaft vom IWF", erklärte sie. "Lasst uns zusammenarbeiten so sehr wie wir können - wir sind stärker gemeinsam."

Das oberste Lenkungsgremium des IWF, der Internationale Währungs- und Finanzausschuss (IMFC), konstatierte, insgesamt befänden sich die Risiken für das Wachstum "zunehmend auf der Abwärtsseite". Die IWF-Mitglieder verwiesen vor allem auf die Handelsspannungen als Grund. "Der Konsens ist, dass das Wachstum stark und positiv ist, aber es erreicht ein Plateau", sagte Lagarde.

Bereits zuvor hatte Scholz, der an der deutschen Abschluss-Pressekonferenz nicht teilnahm, bei der Tagung auf der indonesischen Insel eine Eskalation der gegenwärtigen Handelskonflikte und eine Verschuldungskrise in Schwellen- und Entwicklungsländern als mögliche Risiken für die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft benannt. Die Finanzminister der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) seien auf Bali übereinstimmend der Ansicht gewesen, dass es weiteres, abgeschwächtes Wachstum gebe, doch die Risiken "sind alle leicht und gut zu benennen".

Scholz rechnet nicht mit Handelseskalation

Die G20-Finanzminister zeigten sich bei ihrem Treffen allgemein hoffnungsvoll, die von den USA ausgelösten Handelskonflikte zu bereinigen. Einen Durchbruch erreichten sie zwar nicht. Die G20 wollen jedoch "die Kanäle für produktiven Dialog offen" halten, wie Argentiniens Finanzminister Nicolas Dujovne am Veranstaltungsort Nusa Dua für den Vorsitz versicherte. "Die G20 kann eine Rolle spielen, indem sie die Grundlage für Diskussionen bereitstellt, aber die Differenzen, die immer noch bestehen, sollten von den Mitgliedern gelöst werden, die direkt in die Spannungen involviert sind."

Der argentinische Vorsitz plant für November einen G20-Gipfel in Buenos Aires. Dann wollen sich auch US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping treffen, um einen Ausweg aus dem Handelskonflikt beider Länder zu suchen.

Scholz zeigte sich unterdessen zuversichtlich, dass eine Eskalation zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) vermieden werden kann. "Es gibt sehr vertrauensvolle, vernünftige Gespräche zwischen der EU und den USA", sagte er. "Von denen darf man erwarten, dass es zu Ergebnissen kommt, die keine Handelseskalation erwarten lassen." Wie der US-chinesische Konflikt ausgehe, könne allerdings niemand voraussagen. Scholz wertete aber bei der Tagung Aussagen als beruhigend, dass niemand eine Eskalation wolle.

Mit Blick auf eine übermäßige Verschuldung besonders in Schwellen- und Entwicklungsländern forderte Scholz auf Bali "transparente und gemeinsame Verhaltensregeln" für die Kreditgeber. "Unsere Vorstellung ist, dass möglichst viele Länder Mitglieder im Pariser Club sind", verlangte er. Vor allem China gehört als zunehmender Kreditgeber für Entwicklungsländer noch nicht dem Club der Gläubigerstaaten an. "Die nächsten Krisen können ja auch von den Krediten kommen, die sozusagen ungeregelt vergeben worden sind", warnte der deutsche Finanzminister.

Banken fordern Ende der Negativzinsen

Die internationalen Finanzakteure berieten bei ihrem Treffen in Indonesien über die schwächere Konjunkturlage angesichts internationaler Unsicherheiten und damit verbundene Risiken an den Finanzmärkten. Scholz wolle "immer wieder in den Gesprächen dafür werben, einen konsequenten Schuldenabbau vorzunehmen", um auf Krisen regieren zu können, hieß es zuvor in deutschen Regierungskreisen.

Ein zentrales Thema der Tagung war deshalb die Konjunkturlage angesichts internationaler Unsicherheiten. Geprägt wurde sie auch durch Themen wie das Budget Italiens und den drohenden Brexit ohne Abkommen. Scholz erklärte, das Thema Italien habe bei den G20 nur "am Rande eine Rolle" gespielt. "Es wäre völlig übertrieben zu behaupten, dass es im Mittelpunkt stünde." Allgemein werde verstanden, dass Länder mit besonders hohen Schulden besonders vorsichtig sein müssten. "Wenn jemand einen Rat gibt, dann, seid vorsichtig mit dem, was ihr macht."

Der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Hans-Walter Peters, mahnte aber bei einer Pressekonferenz in Nusa Dua, in keinem Fall dürfe sich die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) nach Italien richten. "Wir müssen auf ganz Europa schauen und können es nicht an einem Land festmachen." Nötig sei ein schnellstmögliches Ende der Negativzinsen. Peters kritisierte Rom, das eine "Sehnsucht" nach höherer Verschuldung habe. Mit Blick auf den Brexit mahnte der Banken-Präsident die baldmögliche Vereinbarung einer Übergangsphase bis Ende 2020 an.

Überschattet wurde die Finanztagung auf der indonesischen Ferieninsel durch die jüngsten Naturkatastrophen in dem Land, nach denen mehr als 1.000 Tote zu beklagen waren. Die Tagung fand statt, obwohl es auch unmittelbar zuvor ein Erdbeben nahe Bali gegeben hatte.

DJG/ank/hab

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